KunstFeingefühl – über Gundula Schmidt-Moskob

Gundula Schmidt-Moskob kenne ich seit einem Vierteljahrhundert. Damals schon Diplom Grafik-Designerin, hat sie das heutige kunstportal-bw von Beginn an gestalterisch – „begleitet“ wäre zu schwach ausgedrückt – besser: mit geprägt, mit definiert.

Logo, Briefpapier, Visitenkarten – man nennt dies ja zusammengefasst „Geschäftspapierausstattung“ – kamen aus Gundulas Händen. Genauso auch das SWO-Webdesign.

Gundula Schmidt-Moskob
© Foto: Roland Forberger

Begonnen hatte das kunstportal-bw ja 1996 als Südwest-Online: SWO – die Virtuelle Kulturregion. Tatsächlich bekomme ich noch heute Briefe, die an SWO gerichtet sind: Gundula Schmidt-Moskobs geniales Logo war schnell zu einer Marke geworden, die im Gedächtnis geblieben ist – jedenfalls bei vielen Menschen, denen das Sehen wichtig ist.

Auch das aktuelle (und zeitlose) kunstportal-bw-Logo wurde von Gundula Schmidt-Moskob entwickelt.

Seit 11 Jahren firmiert sie unter dem Namen feingestalt. Noch immer selbständige Designerin, hat sie sich fokussiert auf anspruchsvolle Projekte. Projekte, bei denen es weniger (wie so oft im Marketing) um Lautstärke geht als eben um Feingefühl – um Achtsamkeit. Mit einem Faible für gute Typografie macht sie auch die Schrift zum Gegenstand ihrer gestalterischen Arbeit: Für ihre eigene Corporate Identity als feingestalt hat sie den Schriftzug natürlich auch selbst entwickelt.

Als Einzelunternehmerin hat Gundula Schmidt-Moskob wenig Freizeit, umso wichtiger ist deren Qualität. Früher auf Fernreisen, etwa nach Tibet, hat sie sich mit der buddhistischen Philosophie angefreundet – eine Denk- und Lebensweise, die sich ja unter anderem auszeichnet durch den Respekt vor der Schöpfung – anderen Lebewesen und der gesamten Natur gegenüber.

Bestimmt auch aus diesen Reisen ins Hochgebirge inspiriert, hat sie ein Hobby gefunden, das dem entspricht: das Klettern, das sie sehr ambitioniert betreibt.

Jetzt hat sie sich einen Traum erfüllt – sie hat ein Buch gestaltet über das Klettern: Sie selbst schreibt dazu:

Gundula Schmidt-Moskob am Gottesfinger, 2020
© Foto: M. Bernardi

Was macht die Faszination des Kletterns aus?

Wunde Finger, schmerzende Zehen und Angstschweiß auf der Stirn können doch nicht alleine die wachsende Beliebtheit dieses Sports erklären … was ist es dann?
Vielleicht die Möglichkeit, an seine Grenzen zu gehen und über sich selbst hinauszuwachsen [Scheitern inklusive]? 
Krafteinsatz und Balanceakte in der Senkrechten? 
Das gemeinsame Erleben, die intensive Naturerfahrung? 
Oder Momente höchster Konzentration, in denen alles andere ausgeblendet wird?

Dieses Buch lädt ein zum Entdecken und Auf-sich-wirken-lassen: Es ist ein Alphabet des Kletterns, in dem jeder Buchstabe einen Aspekt beleuchtet, der unterhaltsam beschrieben, kunstvoll illustriert oder ungewöhnlich interpretiert wird. Und in der Gesamtschau ahnen lässt, was die Faszination dieses wunderbaren Sports ausmacht.

Das Buch als solches ist fertig, die Gestaltung ist – erwartungsgemäß – ganz besonders.

Um das Buch in einer vernünftigen Auflage zu drucken und auf den Markt zu bringen, braucht es natürlich Geld – für die Finanzierung hat sich die Künstlerin für ein Crowdfunding-Konzept entschieden:
https://www.startnext.com/kletterleidenschaft-a-bis-z

Ich bin ja selbst mit dem kunstportal-bw seit fast 25 Jahren digital unterwegs. In einer Welt, in der Internet / „Virtualität“ das geschriebene Wort zunehmend zu verdrängen scheint, bleibe ich – ein Mann mit digitalen Flügeln und analogen Wurzeln – dem gedruckten Buch verbunden. Wenn ich real unterwegs bin, sitze ich oft in der Bahn und lese: ein Buch, auf Papier gedruckt.
Wenn auch unterwegs ein Taschenbuch einfach praktischer ist, so sehe ich immer wieder mit Freude, dass weiterhin – ein leider wohl zunehmend exklusiver – Kreis von buchbegeisterten Menschen und kleinen Verlagen die Buchdruckkunst hochhält: so entstehen weiterhin Bücher in sehr schönen und in Grafik wie in der Druck- und Papier-Qualität hochwertigen Ausführungen.

Wenn das Crowdfunding gut gelingt, wird es auch eine gebundene Variante des Kletter-Buches geben.
Auch wenn die Designerin Gundula Schmidt-Moskob Design in erster Linie als Dienstleistung betrachtet, so haben doch ihr hoher Anspruch und ihre Arbeit ganz sicher mit Kunst zu tun. Noch aus ihrem Büro damals in Durlach weiß ich, dass sie auch selbst malt – also direkt künstlerisch arbeitet, sofern es die Zeit erlaubt.

Aus meiner Sicht ist Gundula Schmidt-Moskob eine Künstlerin, die als Designerin arbeitet. Ihre Nebentätigkeit als Dozentin für Grafik-Design ist insofern sicherlich neben reiner Design- auch „Kunst-Vermittlung“.

Immer mehr werden heute wirklich gut gemachte Bücher zu Raritäten, ein wenig zu Kunstwerken. Was Design und Kunst verbindet, ist vielleicht, aus der Sicht der Kunst betrachtet:

KunstFeingefühl.
Jürgen Linde, im Oktober 2020

P.S.: hier noch ein Link in eigener Sache, aber passend zum Thema: mein Rückblick (von 2016) auf die ersten 20 Jahre kunstportal: Blick zurück nach vorn.