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Die reine Farbe ist Inga Müllers Thema; sie arbeitet mit reinen Pigmenten, die sie ohne Bindemittel oder sonstige Zusatzstoffe möglichst pur und rein zeigt.
Immer wieder ist „Blau“ ihre Farbe. Als sie noch auf Papier und Leinwand malte, entstanden metergroße monochrome Arbeiten; in das Blau wollte sie „hineingehen“.
Monochrom und blau? Genau: wir denken dabei unwillkürklich an Yves Klein.
Als „Yves le Monochrome“ nahm er (Yves Klein, Anm. der Red.) für sich in Anspruch, die Einfarbigkeit in die Kunst eingeführt zu haben. Bemalte er zu Beginn seiner „blauen Epoche“ Leinwände mit dem reinen Pigment, …“(*)
Inga Müller jedoch geht hier entscheidend weiter: Leinwand findet sich hier nirgendwo. Inga ist Meisterschülerin bei Günter Umberg an der Karlsruher Kunstakademie und hat als solche hier ein großes Atelier zur Verfügung.
(*)(Michael Herholzer in der FAZ vom Montag, dem 13. September 2004 über Yves Klein anläßlich der Retrospektive in der Frankfurter Schirn von 19.09.2004 bis 09.01.2005)
Hier wird deutlich: bei Inga Müller gibt es keine “blaue Epoche“; sie verwendet sehr viele Farben, etwa 50 verschiedene sind es, die immer wieder – aber immer als reine, unvermischte Farbe – zum Einsatz kommen. “Scharlachrot“ heißt das Pigment, das mich am stärksten fasziniert.
Kleinere flächige, jeweils monochrome Arbeiten an den Wänden erweisen sich sehr kraftvoll und dominieren mit ihrer Intensität den großen Atelierraum.
Das geht natürlich nicht ohne Trägermaterial, doch anstelle von Leinwand kommt hier sehr leichte und unscheinbare Vlieseline zum Einsatz.
Doch auch dies ist Inga Müller noch zu viel: die reine Farbe, das reine Pigment ist das Ziel dieses radikalen Reduktionsprozesses.
Schließlich gelingt dies in Form der kleinen, auf den ersten Blick durchaus geheimnisvoll wirkenden Skulpturen, die tatsächlich nur aus Pigment bestehen.
Die 29jährige kombiniert Pigmente und Wasser in einer Folie, die dann in geeignete mal runde und mal eckige Formen gelagert wird, das Wasser verdunstet und Pigment bleibt zurück. Schließlich wird die Folie abgezogen, um die fertige Skulptur zu entnehmen.
Die geheimnisvolle Oberflächenstruktur, als läge ein gefaltetes Tuch auf einem eckigen Gegenstand, kommt von den unvermeidbaren Falten, die die Folie beim Einfüllen bildet.
Obwohl die Strategie eine ganz andere ist, erinnern mich diese Arbeiten an Christos Verhüllungen. Die Poesie erscheint mir auf geheimnisvolle Weise sehr ähnlich.
Doch Inga Müller geht in Ihrer reduzierenden Arbeit noch weiter: In Form von kleinen, aus purem Pigment gesiebten Kegeln und anderen Objekten präsentiert sie Raumgestaltungen, in denen nun wirklich das pure Pigment dem Raum neues, anderes Licht gibt.
“Das muß man erleben“, wollte ich schreiben, doch liegt genau hier ein Problem: sind die oben beschriebenen Pigmentobjekte schon hochempfindlich, genügt hier schon etwas Zugluft, um die Ausstellung zu zerstören. Darüberhinaus, berichtet die Künstlerin, “gibt es keine Ausstellung, in der nicht der eine oder andere Besucher meint, die Pigmente berühren zu müssen“, womit das Objekt natürlich zerstört ist.
Kinder aber, denen wir ja einen starken Spieltrieb zuschreiben, “begegnen diesen Arbeiten immer mit Staunen und Respekt“, zwei Fähigkeiten, die in unserer Erwachsenenwelt heute offenbar selten – weil dysfunktional? – geworden sind. Die reine Farbe, eine Idee, verloren wie die Ideale der Romantik?
Den Menschen die reine Farbe zu zeigen, eine Idee, die zu weit geht, ein Anspruch, der zu hoch ist? Ein Zitat von Franz Kafka fällt mir ein: „Es gibt ein Ziel, aber keinen Weg“.
Kommen wir nochmal zurück zu dem Artikel über Yves Klein in der FAZ (*):
“Das Ultramarinblau, die Farbe der Tiefe, der Ewigkeit, des Kosmos, der romantischen Sehnsucht, läßt die gegenständliche Welt verschwinden. Oder aber verwandelt sie und gibt ihr zurück, was fehl: die
verlorene Poesie“
Jürgen Linde im März 2005