Aktuelle Ausstellungen und Projekte von Reinhard Voss
- Andreas Lau | Reinhard Voss:nwie-von-selbst-portraitsAndreas Lau und Reinhard Voss | 14.09. – 08.10.2024 | Galerie Klüber Weinheim
- Kunstweg am ReichenbachReinhard Voss u.a. | Eröffnung Ausstellung So, 07.07.2024; 11 – 15 Uhr
- PlastischesHarald Kille, OMI Riesterer, Ursula Schroer, Reinhard Voss u.a. | 25.11. – 17.12.2023 | BBK Karlsruhe | Vernissage: | Fr, 24.11.2023, 19 Uhr
- 40 Jahre Künstlerkreis Ortenau: Unsere Gäste26.06. – 24.07.2022
- Andreas Lau, Reinhard Voss: Good Company30.11.21 bis 01.01.2022 | Galerie Valentien Stuttgart
Reinhard Voss im Internet: | Website: www.reinhardvoss.de
E-Mail: post@reinhardvoss.de
Körper und Farbklang – über Reinhard Voss
Menschen, Gesichter, Identität – eine geheimnisvolle Welt betreten wir, wenn wir uns mit den Skulpturen von Reinhard Voss befassen. “Gesichter“ benennt er seine Holzskulpturen, die als Wandobjekte irgendwo zwischen Bild und Skulptur zu verorten sind.
Voss‘ Gesichter porträtieren keine realen Personen. Diese Gesichter kommen aus Reinhard Voss selbst, aus seinem Bewusstsein und seinem Unterbewusstsein, sie sprühen vor Intensität.
Manche Gesichter könnte man als kafkaesk bezeichnen/empfinden. Anders aber, als manche denken, beschreibt Kafka jedoch nicht eine (seine) Phantasiewelt , sondern unsere Welt – kafkaesk ist unsere reale Welt – gesehen durch den analytisch klaren Künstler-Blick ins Innere der Figuren.
So wie Kafkas Beschreibung der Welt und der Menschen seine innere Sicht spiegelt, so gilt dies wohl ähnlich für Voss‘ Skulpturen. Voss zeigt die Menschen, auch deren Schönheit und er macht auch ihre Beschädigungen sichtbar.
Dieser Künstler will nicht provozieren oder aufrütteln. Er geht lieber ganz tief runter und denkt und komponiert und am Ende seiner Arbeitsprozesse zeigt er uns die Mehrschichtigkeit und die Verwandlung unseres Seins durch das Leben.
Im Gespräch mit dem Künstler wird schnell deutlich, dass er gerne auch über seine Tätigkeit philosophiert und komplexe Reflexionen über seine künstlerische Arbeit direkt in diese einfließen lässt. Hier finden wir vielleicht einen Weg, um dieser sinnlich-faszinierenden Arbeit, um Reinhard Voss‘ Gesichtern nahe zu kommen.
Drei Begriffe tauchen immer wieder auf, wenn Voss seine Vorgehensweise erläutert: Dialog, Körperlichkeit und Klang.
Dialog
Zweifellos gibt es ja immer einen Dialog zwischen dem Kunstwerk und dem Betrachter, in dessen Kopf das Bild ja dann “erscheint“, so wie dieser es wahrnimmt. Voss aber bezieht den Begriff “dialogisch“ zunächst einmal auf die Produktion seiner Arbeiten.
Nadelhölzer verwendet er, weil diese genau die richtige Mischung aus harten und weichen Anteilen haben. Diese komponiert er dann aus vielen Einzelteilen zu den Skulpturen, die wir am Ende sehen – nach einem langen Entstehungs-Prozess. Oft werden die Objekte vor ihrer Fertigstellung nochmals angesägt – mitunter sogar zersägt – und neu entwickelt, wenn Voss sieht, dass es gerade woanders hin will mit der Gestalt.
Wenn er beginnt, ist alles offen, er hat keine konkrete Vorstellung (oder gar eine Zeichnung) des gewünschten Ergebnisses – insofern also ist dieser Produktionsprozess ein Dialog – zwischen Künstler und Material und zwischen Künstler und dem konkreten entstehenden Gesicht.
Körperlichkeit
Als Kunst-Betrachter beziehe ich selbst den Begriff „Körperlichkeit“ zunächst einmal auf die konkrete Arbeit am Objekt, also mit Werkzeugen wie Hammer, Feile, Säge…
Und dann, angesichts des fertigen Werkes natürlich auf die besondere Haptik, auf die Oberfläche der Skulptur.
Nach der Arbeit mit dem Holz wird die Skulptur von Reinhard Voss mit dessen hauseigener Sandstrahlmaschine so behandelt, dass diese ganz besondere Oberfläche/Haptik entsteht, die uns Betrachter dazu verleitet, die jeweilige Figur auch berühren zu wollen – so wie diese ja auch uns – innerlich – berührt.
Wir werden nachher noch sehen, dass die Körperlichkeit für den reflektierenden Künstler Voss noch eine weitere Dimension, eine tiefere Bedeutung hat.
Klang:
Immer wieder war es Thema unserer Künstlerporträtserie, dass Werke der bildenden Kunst nicht nur zu lyrischen Bildern Verbindungen haben, sondern in uns Betrachtern oft auch musikalische/klangliche Assoziationen wecken. Reinhard Voss bezieht seine Begrifflichkeiten zuerst (oder zumindest im gleichen Maße) auch auf den Produktionsprozess:
Wenn das Objekt “an sich“ fertig ist, beginnt der Dialog erneut; eine zweite Stufe: welche Farben, Tätowierungen oder sonstige Ergänzungen braucht die jeweilige rohe Gestalt um sich selbst und dem Künstler und der Welt gerecht zu werden? Hier wird nachvollziehbar, dass der Künstler seine Arbeit als “kompositorische Tätigkeit“ beschreibt. Hier werden Eindruck und Erinnerung zum Ausdruck eines Ganzen gebracht.
Wieder einmal also haben wir versucht, uns durch Worte der Kunst zu nähern – man könnte von einem semantischen Ansatz sprechen.
Im vorliegenden Fall erscheint das besonders naheliegend, denn erst in diesem Jahr ist das wunderschöne Buch „Welt ohne Inventar“ entstanden:
Die Autorin Katja Hachenberg und Reinhard Voss lassen hier [philosophisch untermalte] Erzählungen von Hachenberg in einen (kon-)genialen Dialog treten zu Bildern der Gesichter von Reinhard Voss. In Hachenbergs verblüffenden Texten kommt es schon mal vor, dass eine Stimme der zugehörigen Kehle entfleucht und fortan als eigenes, autonomes Wesen (mit vielen Händen und Augen!) durch die Welt geht…
Wir sind somit zurück beim Thema Körperlichkeit, das mir inzwischen als der entscheidende Zugang zu Voss‘ bildhauerischer Arbeit erscheint:
Was tut ein Bildhauer?
In einem Dialog zwischen Materialität/Körperlichkeit und Geist entwickelt er innere Bilder in Form dreidimensionaler Objekte. Gelungen ist das Ergebnis, wenn der Klang stimmt – und Klang begreife ich hier als die Stimmigkeit zwischen der Befindlichkeit des Künstlers und der Form und den Farben des Werkes.
Diesen Text über Reinhard Voss und seine Arbeit nenne ich
Körper und Farbklang
Jürgen Linde im Oktober 2017