“Es gibt ein Leben vor dem Tod“ – durchaus kämpferisch gemeint stand dies in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts an mancher (idealerweise: Beton-) Wand. War auch mal ein Titel von Wolf Biermann.
Scheinbar wenig verblüffend und doch vielen eine neue Erkenntnis. Und der Mannheimer Soziologe und Kabarettist Hans-Peter Schwöbel meinte (und plakatierte in grellen Farben), damals nachdrücklich:
Wir müssen uns das Leben NEHMEN.
Alessandro Benigni, erst 1973 in Deutschland geboren und auch hier aufgewachsen, ist also noch jung und hat dennoch diese Lektionen längst gelernt: in seinem Kunststudium in Karlsruhe bei Erwin Gross und Gustav Kluge hat er seine ganz eigenständige künstlerische Linie entwickelt, auf der er weiter voranschreitet mit immer neuen Arbeiten, die etwas vertiefen und intensivieren, dem ich auf die Spur kommen wollte.
Insbesondere Gustav Kluge hat Benigni immer wieder weitergetrieben, hat deutlich gemacht, daß es nicht auf Schönheit oder Anschaulichkeit oder dergleichen ankommt, sondern (das nächste Klischee, dem wir uns stellen) daß es eben ankommt auf Authentizität, ein Begriff, den wir schamhaft umschreiben können, auf den wir aber meines Ermessens nicht verzichten sollten.
Unstreitbar geht es Benigni um innere und gleichzeitig äußere Prozesse: Verändern, Angst, Wachstum, Sorge und Fürsorge..
All dies angesichts des Wissens um den Tod: Alessandro Benigni malt derzeit sehr dunkle Bilder oder, genauer, einige dunkle Schichten auf die sehr farbenfrohen Schichten darunter, die sichtbar bleiben und umso wichtiger sind:
Gewaltig selbst für den geübten Betrachter ist es, diese Erkenntnis zu finden durch das reflektierende Sehen eines so ernsthaften Künstlers:
Alessandro Benigni sucht und findet, findet fühlend, denkend und malend
das Leben vor dem Tod.
Als Künstler sehr nachdenklich und reflektierend, geht Alessandro Benigni malerisch einen Schritt weiter:
Er sieht das Leben nicht alleine durch die Perspektive des darauf folgenden Todes, sondern auch den Tod durch das voran gegangene Leben oder das Leben durch den Tod, ja: das Leben im Tod. In philosophischer Sprache haben wir es hier zu tun mit einer transzendentalen Dialektik.
Lyrisch würde ich das Thema so beschreiben:
verschwunden SEIN.