Sag mir wo die Blumen sind – über Barbara Jäger

Pétales qui tombent emportèes par le vent, 2009
(Fallende Blütenblätter vom Winde verweht)., 210 x 400 x 30 cm

Aus der Presseinformation zu diesem Projekt:
„Auf Initiative von Raphaël NISAND, Bürgermeister von Schiltigheim und Vizepräsident des Stadtbezirks von Straßburg, entstand bei der Stadt Schiltigheim der Wunsch, eine Skulptur zur Erinnerung an die „Résistance“ und zu Ehren „ihrer toten Kinder, Widerstandskämpfer und Opfer der Nazibarbarei“, die aus Schiltigheim stammen (dort geboren wurden oder gelebt haben, oder eine starken Bindung zu der Stadt gehabt haben) zu errichten.
Am Ende der zweiten Stufe entschied sich die Jury für die Arbeit „Fallende Blütenblätter vom Winde verweht / Pétales qui tombent emportèes par le vent“ von Barbara Jäger aus Karlsruhe.“

Ein ganz wunderbares Bild: wie die Seelen der Toten, deren diese Skulptur gedenkt, schweben die heraus gefallenen Blütenblätter um die Skulptur. Kaum mehr greifbar, in Bewegung, nicht mehr hier und doch nicht fort sind sie Teil des ewigen Kreislaufes, den die Kunst hier sichtbar macht. Was unsere verbale Sprache nicht zu leisten vermag, außer vielleicht in den romantischen Bildern eines Joseph von Eichendorff, gelingt Barbara Jäger hier mit scheinbar leichter Hand – ganz unaufdringlich und doch sehr deutlich.

Triptychon 3 – 2005
120 x 120 cm, Öl auf Leinwand

Überhaupt erscheint mir Deutlichkeit als ein Wesensmerkmal im künstlerischen Schaffen von Barbara Jäger. Die Künstlerin, die, so wie auch unmittelbar in der Skulptur für Schiltigheim seit mehreren Jahren Drei- und Zweidimensionales verbindet, kommt eigentlich von der Malerei. Viele ihrer Bilder lesen oder empfinden wir eindeutig als Landschaften, auch wenn eventuell nirgendwo ein Baum oder Himmel etc. zu erkennen ist. Im interessanten Spannungsfeld zwischen gegenständlicher und abstrakter Malerei hat sich Barbara Jäger ihren ganz eigenen Bereich erarbeitet, den sie virtuos ausschöpft und weiter entwickelt.

Tondo 6 – 2008
d 32,5 x 10 cm, Holz/Acryl

Schließlich bestehen auch ihre Skulpturen, sofern sie als Quader erscheinen, ja wiederum aus sechs Flächen, die jeweils malerisch gestaltet sein können. Die hier ausgeschnittenen, durchaus pflanzlich anmutenden, Formen finden wir dann auch wieder in ihren aktuellen Bildern.
So wenig aber, wie Bilder zwingend viereckig sein müssen, so wenig sind Skulpturen immer Quader: analog zu den runden Bildern – Tondi – finden wir bei Barbara Jäger nun runde Skulpturen, die dann aus nur aus drei Flächen bestehen: Tondo.

Die Skulptur „Neckarblüte“ von Barbara Jäger, das künstlerische „Stadtzeichen“ von Horb am Neckar, 2010
Höhe 4 Meter, Stahl bemalt

Kreisen und runden Formen allgemein wird ja eine integrierende Funktion zugeschrieben. Tatsächlich scheint mir die bei aller Komplexität doch so frappierende Klarheit der Arbeiten von Barbara Jäger mit dieser integrativen Kraft zu tun zu haben: ganz existenzielle Dinge und Themen führt sie zusammen auf einer künstlerisch-philosophischen (und nicht unromantischen) Metaebene: Mensch und Natur, unsere Vergänglichkeit und die Hoffnung auf Teilhabe an einer Unvergänglichkeit. Es sind mehr als nur 2-3 Dimensionen, die hier ins Spiel kommen.

Barbara Jägers Kunst appelliert an das Sehen – nach außen wie nach innen:

Sag mir, wo die Blumen sind
Jürgen Linde, im Juli 2010

Im Jahr 2019 ist ein hierzu ein“Fortsetzungs-Porträt” erschienen:
lichtdurchflutet