jenseits der Sprache – über Monika Bartsch

Monika Bartsch im Internet:
Website: www.monikabartsch.com

E-Mail: monikabartsch@arcor.de

Atelier: Stresemannstr 40, 76 187 Karlsruhe ,Tel: 0721-13 28 75 71

Monika Bartsch: „Ausdruck und Empfindung spiegeln sich in Wesenhaftem wieder.“ So klar, (obwohl, oder besser: weil) fast lyrisch, beschreibt die Malerin Monika Bartsch ihre Arbeit in ihrem eigenen Text, mit dem wir deshalb einfach beginnen:

„Bezeichnend für meine Bilder ist Veränderlichkeit. Entscheidend für das Gelingen ist der Malvorgang an sich, der Weg zum Bild transportiert Lebendigkeit und Intensität, die dem Bild am Ende innewohnt.

Monika Bartsch, Foto: privat

Monika Bartsch

Frei von Vorgegebenem und losgelöst von Festgelegtem, ist es ein abstrakter Vorgang der Verhältnisse zueinander in Beziehung zu einem Ganzen hin, welcher nie gleich und nicht wiederholbar ist.
Es ist ein vielschichtiger Prozeß, so daß ich mich immer nur einem Bild ganz und gar hingebe, um Komplexität zu erzeugen. Aus dem Nichts heraus, aus unzähligen Möglichkeiten beginne ich mit einer.
Eines entsteht aus dem Anderen, immerzu neu, in Bewegung, ein stetiger Wandel. Gleich einem Wachstumsprozeß überlagern sich Farbschichten, ein Farbkörper wächst, verbindende Zwischentöne werden erzeugt. Substanz und Raum bilden sich nur aus der Farbe heraus, bis ein Gesicht oder eine Figur auftaucht, verborgen und verwoben in einer Raumstruktur.
In einer Farblandschaft eingebunden erscheint der Mensch in Raum und Zeit. Ausdruck und Empfindung spiegeln sich in Wesenhaftem wider.“

(Text von Monika Bartsch)

Beginnen wir mit der Zusammenfassung dessen, was folgt.

„Rein aus der Kraft der Farbe findet das Portrait seinen Ausdruck im Wesen der Persönlichkeit.“

40 x 30 cm, Öl auf Leinwand, 1992

Diese Aussage von Monika Bartsch, auf den ersten Blick vielleicht verwirrend, beim genauen Lesen dann aber vollkommen klar, so beschreibt die Künstlerin selbst einen sehr wichtigen Teil ihrer Arbeit, die Portraitmalerei. Ich selbst war von Anfang an fasziniert von Monikas Arbeit:

Spätestens seit ich die Porträts kennengelernt habe, die Monika malt, weiß ich, daß ich recht hatte und nicht der , der behauptete:
„Im Zeitalter der Fotografie ist die Porträtmalerei obsolet geworden“ –
Ich war – und bleibe – entschieden anderer Meinung.

Man sieht sich selbst im Spiegel nicht so, wie einen die anderen Menschen sehen, auch diese wiederum sehen einen mit ihrer jeweiligen selektiven Wahrnehmung, also untereinander verschieden. Auch auf einem Foto von mir entdecke ich gewöhnlich nichts, was ich im Spiegel nicht auch sehen kann.

140 x 110 cm, Öl auf Leinwand, 1995

140 x 110 cm, Öl auf Leinwand, 1995

Einmal aber doch: als mich einmal der Fotograf Frank Thissen mit seiner Mittelformatkamera aufnahm, dauerte es eine gute Viertelstunde, bis alles eingerichtet war. Dadurch hatte ich Abstand gewonnen vom Alltag und war mehr „bei mir“ – das entstandene Foto zeigte viel mehr von mir und erschien mir insofern „viel wahrer“ als mein Spiegelbild.

„Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, Kunst macht sichtbar“ hat ja Paul Klee einmal sehr treffend bemerkt. Und ebendies gilt noch viel stärker für die Porträts, die Monika Bartsch malt.
Hier kommen Aspekte der Persönlichkeit ins Bild, von denen der/die Gemalte selbst womöglich noch gar nichts geahnt hatte, helle oder dunkle Seiten, die vergessen waren oder verdrängt oder die gerade erst entstehen. Monikas Malerei ist intensive Auseinandersetzung.

„Zustand“
40 x 30 cm, Öl auf Papier, 1997

Kennengelernt habe ich Monika Bartsch bei einer Ausstellung der Kunststiftungsstipendiaten in der Galerie der Stadt Rastatt 1998, von Mai bis Juni 1999 hatte sie dann eine Ausstellung im Haus der Kunststiftung in Stuttgart; in beiden Fällen waren ihre Porträts zu sehen.

Monika Bartsch hat „die ersten zwanzig Jahre ihres Lebens im Stall“ verbracht. So jedenfalls beschreibt sie ihre intensive Beschäftigung und ihre Liebe zu den Pferden. Zur Kunst kam sie erst anschließend; nach einer Lehre als Fotografin studierte sie an der Freien Kunstschule in Stuttgart, danach noch ein paar Jahre an der Kunstakademie Karlsruhe, wo sie bei Max Kaminski Meisterschülerin war. Sie lebt und arbeitet heute in Karlsruhe, wenn sie sich nicht gerade, was häufiger vorkommt, im südeuropäischen Ausland aufhält.

165 x 165 cm, Eitempera auf Nessel, 1986

165 x 165 cm, Eitempera auf Nessel, 1986

Monika Bartsch sucht nach neuen Wegen, um herauszukommen aus dem „normalen Ausstellungsbetrieb“, den sie schonungslos analysiert:
„Die Menschen sind heute kaum noch bereit oder in der Lage, sich auf ihre Wahrnehmungen einzulassen. Es ist ihnen nicht bewußt, welch enorme Energie der Künstler erst in die künstlerische Arbeit, dann in die Vorbereitung und Durchführung einer Ausstellung investiert.“
Sie lebt mit der Tatsache, einerseits sehr intensiv zu arbeiten und andererseits nicht zu wissen, wovon sie in im nächsten halben Jahr leben wird. Bisher hat es immer geklappt; und gerade „im richtigen Moment“ hat sie dann ein oder mehrere Bilder verkauft.

Nun versucht sie etwas ganz Neues: Porträts als Auftragsarbeit. Wer eitel genug ist (und wer ist das nicht), sich porträtieren zu lassen und gleichzeitig mutig genug, neue Seiten seiner selbst kennenzulernen, sollte sich von Monika Bartsch malen lassen. Ich selbst gehe diesen Schritt mit mehr Neugier als Angst.

„Portugal“
140 x 110 cm, Öl auf Leinwand, 1996

Monikas Arbeiten faszinieren mich, weil sie eine interessante Widersprüchlichkeit analysieren und wiedergeben: sie zeigen die innere Vielfalt einer Persönlichkeit und auch die Vielfalt der Aspekte, diese von außen wahrzunehmen, das Auseinanderstreben miteinander scheinbar unvereinbarer Elemente und gleichzeitig die Zusammengehörigkeit des Ganzen.

Zuletzt habe ich Monikas neuere Arbeiten nochmals in Stuttgart gesehen, bei einer Ausstellung im Haus der Abgeordneten. Zunächst völlig überraschend für mich waren nun Arbeiten hinzugekommen, auf denen statt der erwarteten Porträts mehrere Personen zu sehen sind. Erst nach längerer Betrachtung konnte ich erkennen, daß es sich hierbei nicht um einen Bruch zu ihrer bisherigen Arbeit handelt, sondern um deren Weiterentwicklung: ging es bisher darum, das Ich, den Kern, die Einheit in der Vielfalt einer Persönlichkeit sichtbar zu machen, zu entschlüsseln, so kommt nun noch eine Art sozialer Aspekt hinzu: in all seinen Widersprüchen ist der Einzelne doch auch Teil eines größeren Ganzen, einer sozialen Gemeinschaft.

„Durchdringung“; 80 x 60 cm, Öl auf Leinwand, 2000

„Durchdringung“
80 x 60 cm, Öl auf Leinwand, 2000
Da Monika Bartsch dieses Phänomen mit rein künstlerischen Mitteln analysiert, ergeben sich hier keinerlei politische oder gesellschaftliche Implikationen. Doch es ist ein Staunen zu sehen in Monikas Bildern, ein Staunen über die Welt, die die Malerin mit ihren spezifischen Mitteln BEGREIFT.

Man hat von Picasso gesagt, eine seiner Stärken sei sein (im Sinne von unvoreingenommen und klar) kindlicher Blick auf die Welt, der ihm erlaubte, mehr, klarer und auch anderes zu sehen als die meisten anderen Menschen. Wenn diese Begabung und die Fähigkeit zu künstlerischem Ausdruck zusammenkommen, dann entsteht Kunst, die uns die Welt sichtbar macht, in der wir leben. Auch Monika Bartsch hat diese beiden Talente.

„Stadt“
50 x 70 cm, Öl auf Leinwand, 2000

Vielleicht könnte man insofern Kunst ja als „sinnliche Reflexion“ beschreiben. Die Wahrheit der Kunst entsteht in der Verbindung von sinnlicher Wahrnehmung und sinnlichem Ausdruck; Sprache und Reflexion müssen hier außen vor bleiben.

Deshalb beenden wir hier unsere Überlegungen und zeigen lieber die Bilder von Monika Bartsch.

…jenseits der Sprache.

Jürgen Linde, 1997