E-Mail: info@andreasfriedrich.org
Internet: www.andreasfriedrich.org
Dipl. Medienkünstler Andreas Friedrich | mobil 0177 / 7477930.
Nachdem wir beim letzten Porträt – über Daniel Braun – Die “Karlsruher Schule“ ausgerufen haben, sind wir natürlich ein wenig in Zugzwang geraten. Jetzt gilt es zu beweisen, daß es diese Schule wirklich gibt und nicht nur ein – zu billiger – Marketingtrick ist, um etwa nur einen einzigen Künstler zu promoten.
Deshalb folgt nun schon Teil II dieser Serie und wir haben zweierlei zu klären:
1. was ist die Karlsruher Schule, was unterscheidet deren Fotokunst von herkömmlichen Fotokunstarbeiten?
2. was ist das Besondere an den fotografischen Arbeiten von Andreas Friedrich?
Es ist unvermeidlich, seine Arbeiten mit Malerei in Verbindung zu bringen: allein die Raumaufteilung mit der horizontalen Linie erinnert an klassische Landschaftsbilder; der Künstler selbst bringt den Begriff “Lichtmalerei“ ins Spiel.
Friedrich hat bei Candida Höfer, Uwe Laysiepen (Ulay), Dieter Kiessling und Boris Groys an der Staatlichen Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe von 1998-2004 studiert. Von 2002-2004 war er Stipendiat der Studienstiftung des Deutschen Volkes.
Kommen wir zu der Frage nach der Karlsruher Schule: um das Besondere an der Arbeit der hierzu gehörenden Künstler zu erkennen, müssen wir uns fragen, was ist Fotografie grundsätzlich, was tun Fotografen im Allgemeinen und was tun die Karlsruher im Besonderen?
Bei Daniel Braun sahen wir, wie radikal der Künstler vorgeht: der zitierten Definition von Fotografie durchaus gerecht werdend, verzichtet Braun oft auf eine Kamera und belichtet die chemisch behandelte Oberfläche direkt – etwa durch Feuerwerksraketen.
Andreas Friedrich hingegen arbeitet immer mit Kamera. Seine analoge Mittelformatkkamera (6 x 6), eine Hasselblad, ermöglicht eine sehr hohe Auflösung und Qualität – auch bei seinen Vergößerungen bis zu 120×120 cm.
Wie aber ist es möglich, mit eigentlich konventionellen Mitteln solche Bilder zu machen? Die Bilder wirken mal bizarr oder gar irreal, mal irritierend oder bedrohlich.
Erhellend für mich ist Andreas Friedrich‘ Beschreibung seiner Arbeitsweise als einer “Addition von Licht“ – denn das ist der Punkt, um den es geht: während jede Fotografie (wie Bildende Kunst insgesamt) auf Licht angewiesen ist, unterscheidet sich die Karlsruher Schule durch einen wahrhaft materialen Umgang mit Licht: die Lichtquanten werden quasi stückweise addiert und als Material eingesetzt. Diese Bilder entstehen in der Kamera, ohne daß der Künstler das Endergebnis sehen könnte:
Durch exakt berechnete (manchmal sehr lange) Belichtungszeiten, teils auch durch Doppelbelichtungen, entsteht die besondere Atmosphäre seiner Bilder, die oft – wegen der genau horizontalen Mittellinie – als Landschaftsbilder wirken.
Das Licht von mal natürlichen, mal künstlichen (Straßenlaternen, Litfaßsäulen) Lichtquellen wird solange „gesammelt“, bis die gewünschte Helligkeit erreicht ist. Andreas Friedrich‘ Bilder sind streng komponiert, allerdings auch offen für das Unbestimmte.
Einige der Arbeiten, von denen man glaubt, sie seien nachts aufgenommen, sind Tagaufnahmen(und umgekehrt); durch „Licht-Addition“ wird die Farbintensität teilweise verstärkt.
Die Karlsruher Schule pflegt den sinnlichen Umgang mit Licht als solchem.
Bei Andreas Friedrich kommt hinzu, daß die Arbeit mit der Mittelformatkamera eine sehr planvolle, ruhige, fast kontemplative Arbeitsweise bedingt: Orte, zu denen Friedrich eine Idee für ein Bild entwickelt hat, sucht er – wenn Zeit und Licht stimmen – auf, um dort in systematischer Arbeit das eine Bild zu machen.
Gegen den Trend der Hochgeschwindigkeitsmedien und den Medienkonsum in “Echtzeit“ setzt Friedrich seine ganz persönliche
Entdeckung der Langsamkeit.
Jürgen Linde im Oktober 2007