Christine Bauer | Schicht-Arbeit

Christine Bauer im Internet: | Webite: | www.bauerchristine.de
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Aktuelle Ausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen von Christine Bauer:
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    09.09. – 01.10.2023 | Fachgruppenausstellung Bildende Kunst der GEDOK 2023


auftragen – und wieder abtragen.
Dies ist allgemein ein Wesensmerkmal der künstlerischen Arbeit – im ganz Besonderen bei der künstlerischen Arbeit mit Wachs.

aus dem Zyklus „Die Kästen der Elisabeth“
Enkaustik auf Holz, 22 x 22 x 10,5 cm
© Foto: Nikolay Kazakov

In einer Ausstellung bei EigenArt in Karlsruhe lerne ich Christine Bauer kennen: sie ist Malerin, die verschiedene Techniken – Acryl, Öl, Mischtechnik – einsetzt.
Ihre Wachsarbeiten aber sind es, die mich mich besonders in ihren Bann ziehen.

Solche Wachsarbeiten entstehen in vielen Schichten, das braucht Zeit. Eine körperliche und gleichzeitig kontemplative Tätigkeit, in welcher fast zwangsläufig innere Prozesse des Nachdenkens, des Suchens in Beziehung treten zur äußeren, künstlerisch-gestalterischen Arbeit.

aus dem Zyklus „Die Kästen der Elisabeth“
Enkaustik auf Holz, 15 x 15 x 10 cm
© Foto: Nikolay Kazakov

Wie kommen wir heran an uns selbst, an die Schichten unseres Bewußtseins, die wichtig, die wesentlich sind und nicht nur irgendein Zwischenzustand, der letztlich vielleicht gar nichts zu bedeuten hat? Wir tragen ab, suchen und versuchen, zu sehen und wir versuchen, genau zu sehen.

Erzählungen, Geschichten: wieder sind es lange Geschichten, die uns hereinholen in diese sehr eigenwilllige Kunst, die uns, und hier liegt ein Teil des Geheimnisses, weit mehr erzäht als die Künstlerin selbst wissen kann.

aus dem Zyklus „Die Kästen der Elisabeth“
Enkaustik auf Holz, 22 x 22 x 10,5 cm
© Foto: Nikolay Kazakov

Denn natürlich erzählt sie uns unsere eigenen Geschichten, die für uns erst durch ihre Kunst erreichbar werden.

Auch Erzähler im engeren Sinne (Autoren von Romanen, Erzählungen, Essays oder auch Gedichten) arbeiten in diesem Sinne. Hinzufügen und weglassen, was macht anschaulich, was ist nur geschwätzig, was führt weiter, zu einem tieferen Kern vielleicht, dessen Bedeutung idealerweise nicht einmal der Autor selbst im Moment des Schreibens erahnt.

Christine Bauers Bilder und Wachsarbeiten erzählen.

„Short Stories“ nennt sie selbst ihren kleinen Katalog zu ihrer bisherigen malerischen Arbeit. Die Short stories bilden eine eigene Werkgruppe.

„Short Stories“
Acryl auf Leinwand, je 20 x 20 cm
© Foto: Nikolay Kazakov

„Glücksmomente“ (eine weitere Werkgruppe) betitelt sie eine Wand mit etlichen dieser Arbeiten, die sie in ihrer Ausstellung bei EigenArt in Karlsruhe präsentiert.

Tatsächlich befasst sich Christine Bauer ganz bewußt mit den positiven Aspekten des Lebens.

Solche Glücksmomente, aber eben auch den ganzen Rest dessen, was unser Leben lebendig macht, finde ich in seiner ganzen Komplexität und Widersprüchlichkeit vor allem eben in den Wachsarbeiten von Christine Bauer.

aus dem Zyklus „Die Kästen der Elisabeth“
Enkaustik auf Holz, 50 x 50 x 10,5 cm
© Foto: Thilo Mechau

Diese direkt und real zu erleben empfehle ich dringend: die Hinwendung zu Licht und Lebendigkeit ist tatsächlich alles andere als naiv: Eben diese klare Perspektive verweist implizit und permanent auf ihr Gegenteil.

“Heute ist der erste Tag vom Rest Deines Lebens“ – diesen schönen, alten und nur scheinbar witzigen Spruch könnten wir als Botschaft mitnehmen aus der Kunst von Christine Bauer.

Der Betrachter und dessen aktives Imaginieren sind Teil des Kunstwerkes. Jetzt erleben wir – Betrachter – dieses Imaginieren erneut – als aktiven Prozeß der eigenen inneren Auseinandersetzung.

aus dem Zyklus „Die Kästen der Elisabeth“
Enkaustik auf Holz, 50 x 50 x 10,5 cm
© Foto: Thilo Mechau

Die Auseinandersetzung mit der Kunst ist aktives Tun, Auftragen und Abtragen, ein gleichermassen physikalischer wie psychologischer Prozeß.

Zusammenfassen könnten wir diesen interaktiven Prozeß der Kunst begreifen als

Schicht-Arbeit.

Jürgen Linde, Oktober 2010