Internet: www.nowatzke-kraft.de
E-Mail: b.nok@t-online.de
[ seit Mai 2019 gibt es eine Fortsetzung zu diesem Porträt von 2003: | „Raumblicke…Who are You?“ ]
Brigitte Nowatzke-Kraft (NoK)
76229 Karlsruhe
Fon+Fax: 0721 / 462172
„Einige der bedeutendsten Maler der Gegenwart halten sich nach wie vor auf in dem Zwischenbereich zwischen Gegenständlichkeit und Abstraktion, um die mimetische Anspielung in einen Wirkungskonflikt zu bringen mit der reinen Form“ so schrieb Heinrich Klotz in seinem Essay (s.17) zum Katalogbuch „Kunst der Gegenwart“, erschienen zur Eröffnung des ZKM 1997.
Wir bleiben also in unserer Künstlerporträt-Reihe recht konsequent bei dieser zentralen Fragestellung, die seit Klotz’ großartigem Essay nichts von ihrer Aktualität verloren hat.
Arbeiten von Brigitte Nowatzke-Kraft sind mir immer wieder begegnet – beim BBK Karlsruhe, in Westermanns (Revolution in der ) Box – und fesselten mich, weil sie nach meiner Wahrnehmung auf dieser spannenden Grenze souverän eine ganz eigene Linie ziehen.
Frappierend eine Idee der Künstlerin in den 90er Jahren: Durch Übermalung von Zeitungsfotos aus der hiesigen Lokalzeitung hat sich Brigitte Nowatzke-Kraft nicht nur die figürlichen Vorgaben der Redaktion zu eigen gemacht, sondern auch die Themen: die Bildunterschriften aus der Zeitung hat sie beibehalten. Mit ihrer Übermalung pointiert und interpretiert sie die Situation und die Personen/Themen, ohne aber je belehrend zu sein.
Was aber entsteht, folgt nicht alleine dem kritischen Denken der Künstlerin, sondern ebenso oder vielleicht noch mehr den Gesetzen der Malerei: die Farbräume, die hier entstehen, erzeugen eine Atmosphäre, Klänge, die auf andere Ebenen verweisen, auch auf die Zukunft: etwa der Himmel hinter Michael Schumacher, der (1994) seinen WM-Titel feiert, lässt die Gewalten erahnen, deren Donner noch vor uns lag oder liegt. Die Bedrohlichkeit der lauten Maschinen.
Die Künstlerin macht Komplexität, ich könnte auch sagen, Bedeutung, sichtbar, indem sie aus dem Gegenständlichen heraus Farbräume entwickelt, die sicher nicht zufällig sind.
So möchte ich im Rückschluss die Vermutung aufstellen, dass auch die gänzlich ungegenständlichen Arbeiten – einschließlich derer, die einen gegenständlichen Ausgangspunkt hatten, der für uns in keiner Weise mehr erkennbar ist – dann gut sind, dann für uns zu stimmen scheinen, wenn sie zu unserer Welt „richtig“ (authentisch sagen wir lieber nicht) korrespondieren.
Das Ungegenständliche ist, wenn das stimmt, ein Teil der realen Welt.
Auch von Brigitte Nowatzke-Kraft gibt es Bilder, die ich als gänzlich abstrakt bezeichnen würde, in welchen allenfalls noch der Raum als Gegenstand benannt werden kann.
Neben der Frage nach der Gegenständlichkeit arbeiten wir ja in dieser KünstlerInnenporträtreihe immer wieder auch an der Theorie einer Metaebene, die die verschiedenen Medien als übergeordnete Einheit verbindet, integriert.
Versuchen wir, hier eine Verbindung zu schaffen: in der Sprache ist es die Lyrik, die mit Worten Bilder malt, die wir Metaphern nennen. Auch hier werden Begriffe von (im Alltagsgebrauch) durchaus gegenständlichen Dingen verwendet (Baum, Wolke, Insel).
Dank der Kunst der Lyrik können diese Metaphern aber die verschiedensten Assoziationen, die wir mit solchen Begriffen verbinden, auf besondere Weise einschließen und somit weit hinausweisen über das rein Gegenständliche in Richtung des Geistigen.
Ein bestimmter Rhythmus, ein bestimmtes Versmaß kann – als formales Handwerkszeug des Dichters – diese Wirkungsweise unterstützen oder intensivieren.
Als Beispiel ein Gedicht von Rose Ausländer:
Ich höre das Herz
des Oleanders
gehe durch die grüne Allee
mit Blüten und Dornen
im Bund
ein Zipfelchen Zeit
in der Tasche
[Rose Ausländer: „Allee“]
Am spannendsten sind für mich die Arbeiten, in denen Brigitte Nowatzke-Kraft die gegenständlichen Elemente bis auf ein Minimum zurücknimmt: wo etwa die rechteckige, zeichnerische hervorgehobene Form sicher vielen als Tür erscheint, durch die man eintreten könnte in den (Farb-) Raum. Wer weiß, was dann passiert?
Es ist eine Spannung, als ob man ein Buch, von dem man ein großes Erlebnis erwartet, zum ersten Mal aufschlägt; ein Gefühl, mit den Worten von Walter Helmut Fritz:
„Als begänne eine Erzählung“
Jürgen Linde, 2003
Im Jahr 2019 ist ein hierzu ein “Fortsetzungs-Porträt” erschienen:
Raumblicke – Who are You?