Blitzgeistatmosphäre – über Kerstin Schaefer

Kerstin Schaefer im Internet: | Website: www.kerstinschaefer.com
E-Mail: kerstinschaefer@hotmail.com

“Jedes Bild muss einmal durch die hermeneutische Spirale gezwirbelt werden“.
Kerstin Schaefer, 04. November 2009.

Kerstin Schaefer im Künstlerinnenporträt im SWO | Kunstportal Baden-Württemberg
Kerstin Schaefer
Foto: privat

Bis 15. November 2009 zeigt die Städtische Galerie Karlsruhe Arbeiten von StipendiatInnen der Kunststiftung Baden-Württemberg in ihrer Ausstellung “Positionsbestimmung“. Bei der Eröffnung hatte ich Kerstin Schaefer kennen gelernt. Der Satz oben fiel im Gespräch mit der Künstlerin, als wir nach einem gemeinsamen Besuch der Ausstellung ihre Arbeit besprechen. Auch erfahre ich, daß es darum geht, Atmosphären zu erzeugen, zu beschreiben – ich sage: sichtbar zu machen.

Den ersten Raum dieser Ausstellung, den jeder Besucher durchschreitet, durfte Kerstin Schaefer gestalten. Witz und Farbgewalt fallen mir als erste Begriffe ein, mit denen ich versuchen könnte, dieses Erlebnis zu beschreiben. Die aus Lörrach stammende Künstlerin, die in Dresden Kunst studiert hat, hat nicht einfach Bilder aufgehängt – sie hat
den Raum gestaltet.

Kerstin Schaefer: “Positionsbestimmung“ | Ausstellung in der Städtischen Galerie Karlsruhe vom 17.10. – 15.11.2009 | © Foto: ONUK

So sind wir mittendrin, mitten im Raum und mitten im Thema: dieser Kunstraum fasziniert, wir erleben ihn als Ganzes, wir haben es mit einem Werk zu tun, das den Raum einbezieht. So haben die Wände hier, anders als in den anderen weißen Räumen der Ausstellung, einen Grauton, der die besondere Atmosphäre von Kerstin Schaefers Raum mitformt.

Ein sinnliches Ganzes verweist uns dialektisch zurück auf die einzelnen Arbeiten.
Genau dies ist sehr zu empfehlen: reich an Details brauchen diese Bilder viel Zeit, um wieder und wieder gesehen zu werden.

In ihrem Arrangement, genauso aber auch jeweils einzeln erzeugen sie eine Spannung, eine Atmosphäre der Lebendigkeit, die den, der dies zu empfinden vermag, miteinspinnt und involviert. “Ansprechend“ jedenfalls wäre ein viel zu schwacher Begriff, der dieses Erlebnis nicht benennen kann.

Kerstin Schaefer: “Positionsbestimmung“
Ausstellung in der Städtischen Galerie Karlsruhe vom 17.10. – 15.11.2009
© Foto: ONUK

Teilweise archaisch anmutend, wecken die Bilder Assoziationen in Richtung afrikanischer Kunst; spannend ist die Mischung aus figurativen und abstrakten Elementen. Prof. Wolfgang Hartmann hat seinerzeit – in Bezug auf die Arbeit von Uwe Lindau – den Begriff der “Freien Figuration“ geprägt, der auch die Malerei von Kerstin Schaefer treffend charakterisiert.

Die Wandarbeit mit „Papa said“ aus der Ausstellung Blitzgeist veranschaulicht das sehr gut:

Die Künstlerin produziert Bezugssyteme – innerhalb der einzelnen Bilder entdecken wir Details, die das Ganze des Bildes gewissermaßen vorwegnehmen und jedes Bild steht im Zusammenhang zum gesamten Raum, der als eine Metaebene ein Kunstwerk sichtbar macht, das aus vielen einzelnen besteht.

Kerstin Schaefer: „Papa said“, 2009 | 120 x 100 cm, Mischtechnik auf Leinwand, 2009, courtesy Galerie Elly Brose-Eiermann Berlin/Dresden
Aus der Austellung Blitzgeist, 2009; Foto: privat

Und so kommen wir schon zurück auf die oben erwähnte “hermeneutische Spirale“, ein philosophischer Begriff, den die Künstlerin nicht zufällig verwendet: sie hat auch einmal zwei Jahre lang Philosophie studiert und Jutta Stöver, die Tochter des berühmten Philosophen und Vaters der Hermeneutik, Hans Georg Gadamer, war eine ihre Kunstlehrerinnen.

Wir erinnern uns: Eine hermeneutische Grundregel besagt, daß das Ganze aus dem Einzelnen und das Einzelne aus dem Ganzen verstanden werden muß. Dieses Prinzip wird traditionell als hermeneutischer Zirkel bezeichnet.

erstin Schaefer: “Positionsbestimmung“; Ausstellung in der Städtischen Galerie Karlsruhe vom 17.10. – 15.11.2009 | © Foto: ONUK

Klar wie selten sehen wir hier, wie philosophisches Denken (sieheText oben) und sinnliches Erleben – die farbgewaltigen Bilder von Kerstin Schaefer – direkt ineinander übergehen.
Ich will dies auf den Punkt bringen und verwende dazu einen Ausstellungstitel von Kerstin Schaefer und fusioniere diesen mit mit einem zentralen Anliegen ihrer Arbeit:

Blitzgeistatmosphäre
Jürgen Linde im November 2009
Hier folgen noch einige

Gedanken Kerstin Schaefers zu ihren Arbeiten

– Es geht um das Konzentrieren von Energie, die in ein Objekt gepackt wird und so auf alle abstrahlt.
– Die Arbeit ist wahrhaftig, leuchtend und stark und kann uns nähren.
– Wir werden in einen Raum gebracht (andere Ebene) im Betrachten.
– Wesentliches wird gesagt.
– Die Bilder sind womöglich vorlaut.
– Eine mächtige Sehnsucht gepaart mit Gewissheit gewinnt unterschiedlich Form, freut sich an sich selbst im Spiel.
– Zeichen machen Spaß.
– Ebenen verschränken sich und eröffnen dadurch neue.
– Das ist nicht das letzte Wort.

Kerstin Schaefer; © Foto: privat

Aktuelle Aktivitäten von Kerstin Schaefer

Vom 15. Mai – 19. Juni 2011 präsentierte Kerstin Schaefer ihre Ausstelllung „Ex Voto“ im Kunstverein Brackenheim

Im November 2009 beginnt ein dreimonatiger Atelieraufenthalt am CEAAC -Centre Européen d’Actions Artistiques Contemporaines (Strasbourg, Frankreich)-, der vom Ministerium für Forschung, Wissenschaft und Kunst Baden-Württemberg in Partnerschaft mit Frankreich ermöglicht wird.

„Mein Projekt heißt: „Dunkle Scherben, Glanz (On a déjà cassé suffissamment de porcelaine des deux côtés)“, ich werde meine Ölmaltechnik auf Porzellanvasen und -tassen übertragen, werde metaphysisch aufgeladene nächtliche Jahrmarktszenen -mit viel artifiziellem Licht vor dem großen Schwarz des Nachthimmels- im Souvenir-Stil auf kleine Porzellanobjekte aufbringen.

Diese werden in Strasbourg im Außenraum postiert. Es erscheint ein Katalog, gefördert vom CEAAC, mit Fotos der einzelnen Arbeiten. Im Nachfeld gibt es dazu in Strasbourg und Stuttgart Ausstellungen.“