ab jetzt immer: Eintauchen – über Nicole Bold

im Internet: | Website: www.nicolebold.de
E-Mail: mail@nicolebold.de

„ab jetzt immer“ ist nur einer der vielsagenden, nachdenklichen, mal ironisch oder mal auch nicht ironisch, immer hintergründig klingenden Titel, mit denen Nicole Bold ihre Werke benennt.
Ganz gegen den langjährigen allgemeinen Trend, Bilder mit „Ohne Titel“ zu betiteln, um, so die übliche Begründung, dem Betrachter nicht vorzugreifen, um das kreative Sehen des Betrachters nicht einzuengen und so weiter.
Kann man so machen, frau auch, und sicher ist dies legitim.

Umso interessanter aber, wenn eine Künstlerin genau das Gegenteil tut und nicht nur ihren Arbeiten Titel gibt, sondern weit darüber hinausgehend sogar Titel formuliert, die notfalls auch vollkommen unabhängig von den jeweiligen Bildern Denkraum geben und Assoziationen wecken.

Nach meinem Empfinden wird der Betrachter hier gerade nicht eingeschränkt oder auf eine feste Schiene gesetzt, sondern ganz im Gegenteil: der Betrachter wird doppelt gefordert. Er muss mit dem jeweiligen Bild irgendwie klarkommen und zusätzlich auch mit dem Bildtitel.

Wir haben also wieder eine Künstlerin gefunden, die Sprache und Bildende Kunst in einen Zusammenhang stellt, einen Zusammenhang, der eine genauere Betrachtung verdient.

„wenn der Mond sich im Tag versteckt“, 2017
155 x 190 cm, Öl auf Leinwand

Nicole Bolds Bilder scheinen zunächst einen Hauch von Gegenständlichkeit zu haben; wir können kaum verhindern, meist abstrahierte Landschaften zu erkennen… Im Gespräch mit der Künstlerin aber erfahre ich, dass dies anders zu sehen ist: eher ist eine Ambivalenz in dieser Kunst, die Leben und Natur zum Thema hat, ohne diese aber gegenständlich zu zeigen – all dies präsentiert sie dann, wobei die Arbeiten durch einen jeweils recht reduzierten und konzentrierten Farbraum charakterisiert sind.

Fast immer ist es Ölfarbe, die das Bild letztendlich bestimmt. Ölfarbe, Acryl, Eitempera und oder andere Malmittel kommen bei der Arbeit zum Einsatz, so dass wir bei Nicole Bold auch Tuschezeichnungen entdecken, die wieder eine ganz eigene
Atmosphäre schaffen.

Da die malerische Arbeit von Nicole Bold ja ohnehin für sich spricht und wir hier in unseren Künstlerinnen-Porträts zu den einzelnen Werken nichts Interpretierendes sagen wollen, habe ich mir für diesen Beitrag eine besondere Vorgehensweise gewählt, um Nicole Bolds künstlerischer Strategie gerecht zu werden.

„Gewachsenes“, 2018
Mischtechnik auf Glas, 50 x 60 cm | © Nicole Bold

Als Texter auf das Wort als Werkzeug festgelegt, will ich versuchen, auf die Bilder von Nicole Bold, vor allem aber auch auf die Titel der Bilder zu antworten, indem ich jeweils einen meiner Kurztexte als “Antwort/Kommentar“ einsetze.
Ob dann jeweils ein Rückbezug von meinem Kommentar zum Bild möglich ist, bleibt dem Betrachter, also Ihnen, überlassen.

„Erinnerungen“, 2015
Lack, Tusche und Öl auf Leinwand, 100 x 150 cm | © Nicole Bold

Glück

Es roch nach Regen, als ich das Haus verließ,

in diesem Moment
war ich glücklich

Bodennebel im anfangs
noch milchigen Laternenlicht
3 Grad nur, mir ist kalt
um kurz vor 5 am Morgen
nach schlafloser Nacht bleiben die Sorgen
und erscheinen doch kleiner
der Tag beginnt.

„Begegnung im Licht“ – wieder ein starkes Bild von Nicole Bold und ein Titel, der innnehalten lässt:
Die letzte (womöglich die einzige) „Begegnung im Licht“ ist wahrscheinlich die Begegnung mit sich selbst, die wir gewöhnlich auch Tod nennen.

„Begegnung im Licht“
2014, Öl auf Leinwand, 80 x 120 cm | © Nicole Bold

Heimat
wo sie ist
diese Heimat
da bin ich (noch?) nicht
nicht dort, wo ich herkomme
nicht da, wo ich bin
nahe dem Menschen, den ich liebe?
das ergäbe Sinn.
irgendwann vielleicht in meinem Kopf?
ja, dort wohl gehörte sie hin

„Eintauchen, 2014
Öl auf Leinwand, 130 x 170 cm | © Nicole Bold
Nicole Bold arbeitet auf vielen Ebenen: die Bildtitel führen ein Eigenleben und stehen dennoch in engem Bezug zu den Bildern. Bild und Sprache finden eine Verbindung, die radikal neu gedacht ist – anstrengend und erfrischend.
Was uns bleibt?
ab jetzt immer: Eintauchen.

Jürgen Linde im September 2018