worte | bilder | lieder – über Martin Schmitt

Internet: Paul Blau im Internet:
www.paulblau.org
E-Mail: derpaulblau@web.de

worte bilder lieder –
so steht’s auf seiner Visitenkarte mit der gleichen Bescheidenheit, mit der Martin Schmitt auch auftritt. Martin Schmitt – respektive Paul Blau:
Im Jahr 2010 hat sich Martin Schmitt den Künstlernamen Paul Blau gegeben; dies gibt ihm die Möglichkeit, frei zwischen verschiedenen Rollen zu wechseln.

Fragt man ihn zu seiner Arbeit, wird er zwar sehr entschieden, nie aber dogmatisch: auch seine fachlichen Einschätzungen stellt er prinzipiell zur Diskussion. Überhaupt nehmen Bewegung und Veränderung – als wohlverstandene Synonyme des Lebens – eine wichtige Position ein in seiner Kunst, in der er zwischen Text, Bildern und Musik keine endgültige Entscheidung treffen konnte oder wollte.

Martin Schmitt, Foto: privat

Auch sein Kurzlebenslauf lässt für die Zukunft alles offen, der Künstler Martin Schmitt denkt und lebt in kürzeren Zeiträumen.
„1960 geboren in Würzburg. 1981-1985 Studium der Sozialpädagogik. Lebt seit 1986 in Karlsruhe.
Künstlerischer Autodidakt und Wanderer zwischen verschiedenen schöpferischen Welten und Ausdrucksformen. Martin schreibt Gedichte und Lieder, fotografiert, malt und zeichnet, gibt Konzerte, Lesungen und Performances; Ausstellungen. Reisen nach Paris, Amsterdam, Madrid, London, Südfrankreich, Griechenland und Indien.“

Die Heimat des blauen Gefühls

Und immer wieder Paris:
gemeinsam mit dem Freund und künstlerischen Weggefährten Harald Fuchs reist Martin Schmitt immer wieder nach Paris, immer nur ein paar Tage, wo die Eindrücke auf vielfältige Art festgehalten werden.
Kopf, Bauch und Papier sind gleichberechtigte Medien, oder ist der Bauch vielleicht doch das Zentrum?

April in Paris
(Billie Holiday gewidmet)

April in Paris.
Gefühle spielen mit dem Herzschlag Katz und Maus.
Und die Keller, die unter den Häusern lauem,
öffnen ihre verklebten Augen.
Zu fließen beginnt der Blutstrom der Boulevards.
Ein Funken Sonne sticht die Pfützen.
Du singst.

Der „Boulevard Blaumond“, ein Arrangement aus großformatigen Gemälden und Skulpturen, das seinerzeit im GründerInnenzentrum Durlach zu bewundern war, thematisiert das blaue Gefühl, das eine zentrale Rolle in Martin Schmitts Arbeit einnimmt. Was er uns mitbringt, formuliert er selbst so:

Südstadtgesicht

„Diese Bilder sind wie Jazzstücke, die nicht als Musik, sondern in Farben erscheinen. Die Gemälde nähern sich auf ganz unterschiedliche Weise diesem Thema, haben eines jedoch immer gemeinsam: sie kommen aus dem Bauch, einem der Geburtsorte des blauen Gefühls.“

worte – bilder – lieder
eigentlich wären zuerst die Worte an der Reihe gewesen; sie folgen nun:
„nicht die worte“:

„nicht die worte“

Dieses Gedicht
hat nicht die Worte
die ich suche
sie müssten aus violetten Federn sein
oder aus deinen Haaren
in denen sich
mein Gesicht versteckt
vor der großen schwarzen Nacht
oder wie deine Augen
die schauen
schauen
leuchten

Die Worte
sie müssten aus warmen Händen sein
die ich für dich habe
wenn morgen der Winter
Schnee herausbricht aus den Himmeln
oder wie
ein Meer
voller Perlen
und schillernd vor Fischen
in dem du ohne Angst
versinken kannst

Aus: Von der Farbe der Dächer und des Sturms

Les Nocturnes: Skulpturen

Aus dem „Boulevard Blaumond“ haben wir die Bilder dieses Beitrags ausgesucht; seht sie Euch an! Und danach geht’s weiter im Text, wo dann auch steht, warum die Reihenfolge so wichtig ist!

Da die Worte offenbar nicht genügen, bedarf es anderer Ausdrucksformen: zum Beispiel der Bilder.
Und über den richtigen Umgang mit Bildern habe ich von Martin gelernt:
Ich werde ab sofort einfach hinsehen, und „abwarten, was das Bild mit mir macht“.

„Abwarten, was das Bild mit Dir macht“

Ich hatte Martin Schmitt vormittags daheim erreicht, wo er kurz vorm Weggehen – er arbeitet als Sozialpädagoge mit schwerstbehinderten Kindern – „noch schnell ein paar Sachen einsteckte“, die er dann mitbrachte zum vereinbarten Gespräch, zu dem er abends Punkt halbzehn kam.

Man kann sich auf eine Ausstellung vorbereiten, lesen, wer was ausstellt und was uns der Künstler damit sagen will. Dann wird man meist die Erwartung bestätigt bekommen. Man kann aber auch, wie es Martin Schmitt formuliert, völlig offen zu einer Ausstellung gehen, um dann zu sehen, „was das Bild mit einem macht“.

Mit diesen Worten, die er so gegenständlich meint, hat Martin mir das Gefühl vermittelt, seine Arbeit etwas besser zu verstehen. Kunst versteht er als Kommunikation, in der der Betrachter eine aktive Rolle übernimmt. Ausgelöst von der jeweiligen Arbeit, muss der Betrachter oder Leser selbst kämpfen mit dem Objekt, das dazu immer neue Ansatzpunkte liefert.

Hautfeuer

Von der Farbe der Dächer und des Sturms

Dies gilt für die Bilder, die zu beschreiben schwer fällt.
Dies gilt genauso für Martins Gedichte: viele erschienen mir zunächst so reich an Assoziationen, dass auch eine lange Erzählung kaum genug Raum geboten hätte.
Jetzt sehe ich diese Arbeiten als Muster für Wege der Auseinandersetzung, die bei jedem Betrachter verschieden verlaufen, aber wohl keinen unberührt lassen. Dennoch gefallen mir die Gedichte am besten, in denen einfache Bilder und einfache Sätze einen klareren und für mich tieferen Ausdruck erreichen..
Wir nannten es nicht
Wir nannten es nicht
Liebe
Wir nannten es nicht
Wir hatten keinen Namen
dafür
oder
wir gaben ihm keinen
diesem Gefühl

So war
alles möglich

Dieses für mich schönste von Martins Gedichten beweist, dass Martin Schmitt ein Künstler ist, dessen Talent lyrisch und malerisch noch viel erwarten lässt. Nutzen wir die Chance, die er uns gibt und nehmen Teil an seiner Suche, seinem Schaffen.

„this is the river, but I want the sea“.

Die Hauptkapitel seines Gedichtbandes beginnt Martin Schmitt mit ihn inspirierenden Texten; der erste ist von Mike Scott:

These things you keep
you better throw them away
turn your back
on your soulless days
once you were tethered
now you are free
that was the river
this is the sea

Besser als Mike Scott trifft möglicherweise die musikalische Adaption der „Waterboys“
die heutige Schaffensphase von Martin Schmitt:
„this is the river, but I want the sea“.

Malerei, Bildhauerei, Literatur und Musik – wie eingangs gesagt: Der Künstler selbst fasst sein Schaffen in bescheidener Formulierung zusammen:


worte bilder lieder
Jürgen Linde, 1996

Um das umfangreiche Schaffen von Paul Blau zu beschreiben, sind zwei weitere Porträts entstanden:
Paul Blau 2010: Wir berühren ein Universum – der Literat Martin Schmitt
Neues Porträt 2016: …dem Alltäglichen mit einem Staunen begegnen – über Paul Blau, den Photoerzähler