I got rhythm, i got music, i got my man who could ask for anything more…
Wer das nicht kennt, sollte es googeln und anhören. Denn diese Musik bringt einen in Bewegung und macht gute Laune.
I Got Rhythm – Kunst und Jazz seit 1920
10. Oktober 2015 – 06. März 2016.
Mit dieser Ausstellung hat Ulrike Groos noch deutlicher als zuvor gezeigt, worum es ihr geht. Sie will der Kunst, für die sie mit ganzem Herzen und mit – endlos erscheinender – Energie arbeitet, die Menschen erreichen, will, sie in Bewegung bringen.
Und wenn dies zuerst mal durch guten Jazz motivierte Tanz-Bewegungen sind, so ist das ganz und gar in ihrem Sinne.
Bei allem intellektuellen Anspruch, der Ulrike Groos auszeichnet, geht es der Kunstvermittlerin darum, die Verbindung – ja, die Nicht-Trennbarkeit – von Kunst und Leben aufzuzeigen und sichtbar/erlebbar zu machen.
Und dazu hat sie offenbar den richtigen Platz gefunden: Seit 2010 ist sie Direktorin der Stiftung Kunstmuseum Stuttgart und hat hier die erforderliche gestalterische Freiheit und, so wie sie es beschreibt, auch ein sehr gutes Umfeld gefunden: Glaubhaft lobt Ulrike Groos, die zuvor die Kunsthalle Düsseldorf leitete, die Aufgeschlossenheit der Stuttgarter!
Dies ermöglicht Ausstellungen, die globale Beachtung finden und durchaus auch mal in wichtigen amerikanischen Zeitungen besprochen werden.
Um zu verstehen, wie all dies überhaupt möglich ist, ist ein Blick auf den Lebenslauf von Ulrike Groos hilfreich: sie studierte Kunstgeschichte, Musikwissenschaft und Ethnologie an den Universitäten von Würzburg, New York und Münster, wo sie 1994 in Kunstgeschichte und Musikwissenschaft über das Thema „Ars Musica in Venedig im 16. Jahrhundert“ promoviert wurde.
Dieser Bildungs (-und Interessen-) Hintergrund erklärt wohl ein wenig das spartenübergreifende und insofern ganzheitlich die Kunst betrachtende Vorgehen von Ulrike Groos, die sich schon in Düsseldorf kuratorisch mit Musik befasst hatte: “Zurück zum Beton“ war der Titel einer Ausstellung über die Anfänge von Punk und New Wave in Deutschland.
Wie sie das alles schafft, ist auf Anhieb nicht klar: als Geschäftsführerin der Stiftung Kunstmuseum Stuttgart hat sie sowieso mehr als einen Fulltime-Job: Verwaltung, Sponsorenkontakte etc. – das macht frau nicht einfach nebenher.
Dennoch kuratiert sie die wichtigsten Ausstellungen des Kunstmuseums meist selbst – wie in der Vergangenheit die großen monografischen Ausstellungen zu Michel Majerus (inklusive Skaterrampe unmittelbar vor dem Museum) und Candice Breitz, sowie in der Zukunft die Einzelausstellungen zu Patrick Angus und Ragnar Kjartansson.
Man ahnt es: Groos kennt die 40 Stunden-Woche auch nur aus dem Geschichtsbuch und hinzu kommt noch eine weitere Stärke: anders als herkömmliche Führungskräfte ist Groos in der Lage, wirklich zu delegieren: wer die – räumlich vom Museum selbst getrennten – Verwaltungsräume des Kunstmuseums besucht, erlebt hier ein sehr geschäftiges, hochmotiviertes und gut gelauntes Team.
Mit »I Got Rhythm« geriet der Jazz in den Fokus und somit einen Teil der internationalen Kultur, der ganz ähnlich der bildenden Kunst im engeren Sinne, erstens nie aufhört, sich weiter zu entwickeln und zweitens immer ein Spiegel ist für unsere Lebenswelt. Und, dies nur nebenbei, unsere Vergangenheit, die Gegenwart und auch die Zukunft betreffend.
Und es geht selbstverständlich weiter: Ein Kunstprojekt für das kommende Jahr hat den Arbeitstitel: “Ekstase – Grenzerfahrungen in Kunst, Musik und Tanz – da dürfen wir spannende Erlebnisse erwarten.
Die reflektiert wirkende und sehr ruhig auftretende Powerfrau Ulrike Groos lässt uns den Takt erahnen – volle Kraft voraus.
Zusammenfassend möchte ich dies so formulieren:
Ulrike Groos ist mit ihrem Stuttgarter Team eine eigene
Kunstbewegung.
Jürgen Linde im Juni 2017