Direktorin des Kunstmuseums Ravensburg
[ Seit 01. Januar 2018 ist Dr. Nicole Fritz Direktorin und Stiftungsvorständin der Kunsthalle Tübingen]
Ravensburg – in der heute üblichen baden-württembergischen Politiksprache würde man diesen schönen Ort (sprachlich furchtbar:) als „Oberzentrum“ bezeichnen. Gut, dass uns hier sowas nicht passieren kann, denn Ravensburg ist, was Kunst betrifft, längst schon unter den Hochburgen etabliert.
Und dies verdanken wir dem Kunstmuseum Ravensburg und, in besonderem Maße, dessen Leiterin Dr. Nicole Fritz, die wir deshalb hier vorstellen möchten.
Spätestens seit das Kunstmuseum Ravensburg in 2015 als das Museum des Jahres ausgezeichnet wurde, kommt kein Kunstfreund, der auf “Tour de Ländle“ ist, daran vorbei, dieses Haus zu besuchen, um dann zu erleben, dass der (womöglich befürchtete) Umweg einen wahren Zeit-Gewinn bedeutet.
Wie ist das möglich? Nicole Fritz macht seit über einem Jahrzehnt tatsächlich ganz besondere Ausstellungen, die uns einen erweiterten, neuen Blick auf die Kunst, ja, auf unser Leben in dieser Welt eröffnen. Vielleicht klingt dies hochgestochen und fast ein wenig nach unverständlicher Avantgarde, die nur für Experten gemacht zu sein scheint.
Das Gegenteil ist der Fall: Nicole Fritz entwickelt ihre Fragestellungen aus der Kunst heraus; da sie Kunst nicht nur als individuellen Ausdruck, sondern auch als Spiegel für die Entwicklung einer ganzen Gesellschaft sieht, haben die Ausstellungen immer etwas mit dem Leben zu tun und sind meist sehr erkenntnisbringend. Darüber hinaus stellt sie auch immer die Kunst als sinnliche Ausdrucksform heraus. Ihre Ausstellungen können sich deshalb nicht nur gut sehen, sondern vor allem auch im wahrsten Sinne des Wortes erleben lassen!
So beispielsweise die Ausstellung „Ich bin eine Pflanze. Naturprozesse in der Kunst“ Wer etwa beim Thema “Kunst und Natur“ zuerst an Landschaftsmalerei denkt, konnte schon im Jahr 2015 in Ravensburg sehen, dass mit diesem Thema auch eine komplexe Mensch-Umwelt-Beziehung verbunden ist, die sich vor allem auch in den Werken der Künstlerinnen und Künstler über die letzten Jahrhunderte in ihrer Entwicklung nachvollziehen lässt.
In der Nachfolge der Naturprozesse-Ausstellung steht auch die große Sommerausstellung in diesem Jahr. „We love Animals. 400 Jahre Tier und Mensch in der Kunst“.
Diese Schau nimmt auch aus Kunst- und kulturwissenschaftlicher Perspektive die Mensch-Tier-Beziehung vom 16. Jahrhundert bis heute in den Blick. Die darin vertretenen Tierbilder, so die Ankündigung, spiegeln aufs anschaulichste, wie sich der Mensch zum Tier ins Verhältnis gesetzt hat. Einen ersten Eindruck gibt Ihnen unsere exklusive `Preview´ unter obenstehendem Link. Nicole Fritz hat bei allem inhaltlichen Anspruch, so ist mein Eindruck, immer auch den Betrachter und die Besucher im Blick und ihr ist es ein Anliegen, gesellschaftliche Entwicklungen und Fragestellungen nicht nur sichtbar, sondern über Kunst auch verstehbar zu machen.
Die Kunst der Kunstvermittlung bedarf einer Definition. Dazu ein Versuch: um den Menschen die Kunst nahe zu bringen, muss man (hier: frau) selbst so ziemlich restlos begeistert sein und frau muss darüber hinaus begabt sein, diese Begeisterung weiterzugeben. Es bedarf insofern der passiven und aktiven Begeisterungsfähigkeit. Obwohl ich diese Formulierung, die mir mal bei einer Vernissage-Rede spontan einfiel, gerne verwende, klingt sie mir hier zu gestelzt.
Auf den Punkt gebracht geht es auch kürzer: es geht schlicht um
KunstbeGEISTerung.
Jürgen Linde im März 2017