Bruno Kurz

Licht – über Bruno Kurz

Bruno Kurz, Foto: privat

Website: www.bruno-kurz.de

Den Namen Bruno Kurz trage ich seit längerer Zeit in meinem Zwischenspeicher (Kopf) mit mir herum; verbunden mit der Notiz: „sollte unbedingt bald im kunstportal-bw auftauchen.“ So bin ich natürlich erfreut, als im Oktober 2000 ein telefonischer Kontakt zustandekommt.

Ohne in diesem Moment konkret ein Bild vor Augen zu haben, war mir also klar, daß ich mit einem Künstler spreche, dessen Arbeit für mich hochinteressant ist. Die aufwendig gefertigten Mappen, die er dann zu seinem – natürlich gleich vereinbarten Besuch – mitbringt, bestätigen dies sehr nachhaltig.

Fast immer sind es überraschende oder gar frappierende Gegensätze in der Arbeit eines Künstlers, die mich faszinieren. Bei genauerer Untersuchung erweisen sich diese dann zumeist als vermeintliche Gegensätze, deren „eigentlich-doch-Zusammengehören“ nur erkannt werden muß. Das sind die kleinen Freuden des Dialektikers.

„For a blue waterlily“, 1998

In Brunos künstlerischer Arbeit hat diese Gegensätzlichkeit einen besonderen Aspekt: der Künstler unterliegt der Faszination von Gegensätzen offenbar auch selbst: noch nie habe ich einen Künstler kennengelernt, der einerseits mit derart großem Aufwand an wissenschaftlicher Arbeit insbesondere seine Installationen angeht; und damit dann andererseits Werke schafft, die sich durch ihre intensive sinnliche Wirkung auszeichnen.

Noch beim o.g. Telefonat sagte ich Bruno, daß ich sehr gern ein Porträt über ihn verfassen würde, daß es dazu jedoch nicht nur seines Besuchs bei mir bedarf, sondern auch eines ausführlicheren Gesprächs: am besten in seinem Atelier und vielleicht mit einem (oder auch zwei, klar) Glas Rotwein.

„Er stimmt mir prinzipiell zu, weist aber auch darauf hin, dass der Rotwein dabei einseitig zu verteilen sei, da er keinen Alkohol trinke. Auch bei seinem Besuch macht er einen hochkonzentrierten, ein klein wenig vergeistigten Eindruck und erzählt, dazu passend, dass er im ersten Halbjahr 2001 einige Monate in Indien mit Meditation ververbringen wolle.

Beim „Rundgang“ konnte ich einen Einblick gewinnen in frühere Schaffensphasen, in Planungen und in Brunos ganz aktuelle Arbeit.
Insbesondere zwei große Bilder aus dem Zyklus „Tears of God“ („noch nicht ganz fertig“ meint Bruno) sehen verschieden aus, abhängig von der Position und Perspektive des Sehenden. Doch geht es dem Künstler nicht um den Effekt. Es geht ihm, so denke ich, um das Sehen als einem aktiven Prozeß.

Immer wieder sind es transparente Materialien wie Wachs und Pergamentpapier, die den Blick fesseln und den Betrachter irritieren. Deutlich ist die Reduktion in Farbe und Form und so scheint naheliegend, nach einer Tendenz zur monochromen Malerei zu fragen. Während ich, der ich mich an die Arbeiten von Lothar Quinte (Gert Reising spricht hier von „Bildmembran“) erinnert fühlte, dies eher mittelfristig vermutete, holt Bruno eine ganze Reihe solcher – eher perlmuttfarbener als weißer – Arbeiten hervor und hängt sie als vollständige Gruppe an einer Wand auf.

„Membrane 99/1; 140 x 140 x 9 cm

Erneut wird sichtbar, dass sowohl die Betrachterpostion als zweifellos auch die Beleuchtung als Bestandteile der Kompostion in die künstlerische Arbeit integriert worden sind. So empfiehlt mir Bruno, den nächsten Besuch bei Tageslicht zu machen, um die Bilder noch einmal neu zu sehen.

Hier scheint mir ein Kernelement in der Kunst von Bruno Kurz zu liegen: das Licht.
Andere malende Künstler, die ebenfalls in der Analyse ihrer Werkzeuge die Reduktion als logische Konsequenz entdeckt haben, thematisieren ihr Arbeitsmaterial, die Farbe oder den konkreten Raum.

Auch für Bruno Kurz ist der Raum wichtig. etwa durch seine schwarzen Wasserspiegel, einem zentralen Element seiner Rauminstallationen, stellt er unsere Wahrnehmung des Raumes in Frage: in den Spiegeln am Boden sehen wir die Decke des Raums, der nun in Bewegung gerät und wir sehen im Spiegel auch Elemente des Raumes oder durch die gespiegelten Fenster sogar von außerhalb des Gebäudes, die wir ohne den Spiegel zunächst nicht bewußt sehen.

Wieder wird der Betrachter selbst in die Kompostion integriert und erfährt sich als aktiv sehend. Noch stärker aber ist für mich diese Auseinandersetzung in Brunos Bildern:
Wir alle haben einmal in der Schule gelernt, wie Farbe und Licht zusammenhängen: die Feinstruktur der Oberfläche eines Gegenstandes bestimmt, welche Frequenzen des Lichts er reflektiert; diese Frequenz nennen wir Farbe und schreiben sie dann dem Gegenstand als Eigenschaft zu.

Die transparenten und meist sehr empfindlichen Materialien mit ihren besonderen Oberflächen erhalten hier eine „funktionale Sinndimension“ – sie machen haptische Aspekte zu einem Teil des Kunstwerkes – unser Tastsinn wird involviert.
Indem Bruno Kurz den Betrachter und dessen Perspektive (im geometrischen Sinne) miteinbezieht, geht er über den „gewöhnlichen Reduktionismus“ hinaus; er geht einen scheinbar kleinen, aber radikalen Schritt weiter: sein Thema ist nicht die Farbe, sein Thema ist

– Licht.
Jürgen Linde im Jahr 2000

Im Jahr 2019 ist ein hierzu ein “Fortsetzungs-Porträt” erschienen:
Nord-Licht