Hannelore Langhans
Telefon 0721/ 81 18 10
e-mail: hanne_langhans@hotmail.com
Noch bis 23. Januar 2005 ist die Ausstellung in der Karlsruher Majolika-Manufaktur zu sehen, bei deren Eröffnung ich Hannelore Langhans endlich persönlich kennenlernte.
Darüber bin ich deshalb besonders froh, weil diese Künstlerin genau die Fragestellungen, die wir hier in der Reihe der KünstlerInnenporträts theoretisch zu erarbeiten versuchen, in ihrer künstlerischen Arbeit thematisiert:
die Zusammenhänge zwischen Bildender Kunst und Musik und zwischen Bildender Kunst und Sprache.
1990 begann ihre “musikalische“ Phase, deren Anlaß sie ganz konkret benennen kann: ein Konzert mit Anne-Sophie Mutter im Jahr 1990 inspirierte sie zunächst zu einem abstrakten Porträt dieser Künstlerin.
Hannelore Langhans vor ihrer Klanglandschaft 1
die Klanglandschaft: Big (84 K) auf Klick
Danach folgten Bilder, die teilweise zurückgenommen, reduziert und gleichzeitig farbgewaltig auf mich wirken, in denen Hannelore Langhans Farbklänge und die “Essenz“ der Musik bildnerisch umsetzt.
Ein konkreter Bezug zu einer bestimmten Musikrichtung oder gar zu einem bestimmten Stück kann dabei nicht mehr hergestellt werden.
Titel wie “Klanglandschaft“ machen erkennbar, wie eng die beiden Welten miteinander verwoben sind.
Hannelore Langhans selbst über ihre Arbeit:
„Musik – ihre Umsetzung in Farbe und Form – thematisierte Jahre meine Malerei. In Serien abstrakter Bildkompositionen, ausgehend von Klassik, Jazz oder zeitgenössischen Komponisten wie Wolfgang Rihm, versuche ich Klang, Klangfarbe, thematische Inhalte, literarische Bezüge – sozuagen „Zustände von Musik“ – mit malerischen Mtteln in Farbe und Bildinhalte zu übersetzen.“
Seit etwa zwei Jahren ist die Musik in den Hintergrund getreten, um der Literatur Platz zu machen.
So wie Hannelore Langhans zeichnet und malt, seit sie “einen Stift halten konnte“, so ist sie auch begeisterte Leserin, seit sie lesen kann. Texte, Titel und literarische Bezüge macht sie sichtbar, transportiert den Geist eines schriftstellerischen Werkes mit reiner Fabulierlust, literarischer Kenntnis und überraschenden künstlerischen Lösungen überzeugend in die dritte Dimension – ihre Plastiken und Bilder.
Die wohl bisher wichtigste Serie hierzu ist der Claude Vigèe-Zyklus, in welcher Gedichte des französischen Poeten eine neue bildnerische Interpretation erfahren. So werden die Impressionen des Dichters, artikuliert in Versen, zum Rezeptionsmaterial der Malerin.
Das Stichwort Verwandlung bringt uns zu den aktuellen Arbeiten von Hannelore Langhans: Skulpturen aus Ton, entstanden in der Karlsruher Majolika Manufaktur.
Neben Schillers „Glocke“ ist Kafkas „Verwandlung“ eines der – sogar mehrfach bearbeiteten – Themen, die sich die Künstlerin als Aufgabe und damit auch als Leitlinie gestellt hat: Hannelore Langhans arbeitet bei aller intuitiven Expressivität grundsätzlich sehr systematisch, fast immer auch in Serien, die ein Thema in vielen Facetten beleuchten und sichtbar machen.
Auch hier geht sie aber schnell über die konkreten literarischen Einzelfälle hinaus: nicht mehr um einzelne Romane und Gedichte oder Auszüge daraus geht es, sondern das Medium Buch und das Medium (gedruckte) Sprache sind nun Themen:
So wie Sprache über sich selbst hinauszuweisen vermag, in dem sie – etwa lyrische – Bilder erzeugt, so kann die Bildende Kunst einen direkten Rückbezug zur Sprache herstellen, indem sie sprachliche Medien thematisiert.
Hannelore Langhans selbst über ihre Arbeit:
“Ich bin der Fabulierlust mit den Fingern verfallen: DEM biblischen Urstoff, dem Lehm, den man lustvoll in den Händen kneten, in fast alles verwandeln kann, wie das Aneinanderreihen von Buchstaben. Ich hatte es sozusagen „in der Hand“, den künstlerischen Bogen zu den Büchern zu schlagen: Keramische Nacherzählungen, Versuche, dem Geist des Gelesenen Form zu verleihen und durch das Feuer zu erhärten. Denn durch das Feuer müssen meine Bücher für mich gehen – wie viele Bücher in der langen Geschichte der Bücherverbrennungen. Aber auch sie haben letztlich die Feuerprobe bestanden: “Gedanken sind feuerfest!“
Für unsere Frage nach der Verbindung zwischen Bildender Kunst und Sprache könnte hier ein Schlüssel liegen: Gedanken umfassen sicherlich mehr als von ihnen bleibt, wenn wir sie aufschreiben, sie also in Sprache umwandeln. Gedanken können Bilder enthalten, Visionen, Geist.
Und wieder einmal kommen wir Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Prof. Dr. Birgit Sandkaulen bezeichnet die “Bildung des Bewußtseins“ als das Thema von Hegels Hauptwerk “Die Phänomenologie des Geistes“. (FAZ vom 19.11.2004; Seite 10: „La Bildung“)
Somit wäre das Bewußtsein eben die Erscheinungsweise des Geistes.
Vielleicht ist ja das Bewußtsein die Metaebene, auf der Sprache und Bildende Kunst zueinanderfinden und aus der sie beide hervorgehen. Darüber, glaube ich, lohnt es sich, weiter nachzudenken.
Auf der Bewußtseinsebene „existierend“ sind die Gedanken Teil einer Welt oberhalb der in Worten formulierten Sprache; der des Geistes.
Insofern will ich der Künstlerin zustimmen:
Bücher und deren Autoren können, wie wir ja wissen, verbrannt werden, doch die
Gedanken sind feuerfest.
Jürgen Linde im Dezember 2004