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Hermann Webers Katalog hatte ich mir immer wieder angesehen, im Büro, zuhause und einmal bei einer längeren Zugfahrt, für mich die beste Möglichkeit, etwas neues zu erfahren.
Die Bewegung erzeugt Ruhe und die Abwesenheit äußerer Ablenkung erhöht die Konzentration.
„Fort ist die Zeit und fort ist der Raum“ ist der Untertitel des Katalogs, in dem Weber seine Bilder gedichtartig ergänzt:; hier nur ein Beispiel:
Hermann Weber
„Nichts beim Namen nennen
nichts beschwören, es könnte vergehen
ein Hauch nur
noch Körper
noch Gestalt
und schon Erinnerung“
Werden und Vergehen, der Prozess des Lebens – die Thematik ist nicht neu – doch neu und sehr ansprechend sind für mich Webers Bilder, deren Farben und Materialien den philosophisch anspruchsvollen Themen wirklich gerecht zu werden scheinen.
Mit einiger Vorfreude und nicht geringer Erwartung komme ich dann am 28. November 1998 zur für mich ersten Hermann-Weber- Ausstellung: „Metamorphosen“ ist der Titel der dann bis Weihnachten dauernden Ausstellung in der Galerie Alfred Knecht.
In der Einladung stand folgender Text:
„So kommt der Tod auf uns zu, jede Sekunde unseres Lebens ist das eine schöne ruhige Bewegung und eine Gegenbewegung.
Wenn du ihn aufnimmst in dein Wissen, in deinen Willen: das schafft die großen Werke. Und du hast nur dieses eine Leben, um etwas zu leisten.
Das gliedert unser ganzes Leben, es gibt ihm einen vollkommen anderen Rhythmus.
Das zu wissen, das verwandelt den Todesgedanken in eine gewaltige Kraft.“
(Ferdinand Hodler (1853- 1918) in einem Brief an Hans Mühlstein)
Diese thematische Einstimmung trifft sehr gut;
Webers Arbeiten wirken dann auch sehr ernst und konzentriert auf mich; Hermann Weber selbst, der zur Eröffnung anwesend ist, ist sehr gut gelaunt, wirkt locker und kommentiert erfrischend ironisch.
Irgendwann bringt er seinen Hund Arnold, einen englischen Jack-Russel, den er immer dabei hat und den die vielen Menschen mit ihren großen Füßen wohl doch ein wenig bedrohen, zur Entspannung lieber ins sichere Auto.
Da Hermann Weber, der in Karlsruhe studiert hat und auch hier lebt, am Vernissage-Abend natürlich permanent von Freunden und Bekannten umlagert wird, bleibt nur kurze Gelegenheit zum Kennenlernen; sehr freundlich und interessiert akzeptiert er meinen Vorschlag, uns wegen eines Künstlerporträts in der Virtuellen Kulturregion einmal in Ruhe zusammenzusetzen.
Auf der Visitienkarte, die ich im Tausch erhalte, steht drauf: „Burg Giebichenstein – Hochschule für Kunst und Design Halle…Prof. Hermann Weber“
Hermann Weber ist nämlich Professor und verteilt seine Zeit im ständigen Wechsel zwischen seiner Lehrtätigkeit in Halle und seiner eigenen künstlerischen Arbeit im Atelier in Karlsruhe.
Klar, daß da wenig Zeit bleibt. Dennoch schaffen wir es schließlich, mit ca. 10 Telefonaten und unter intensiver Vermittlungsarbeit unserer beiden Anrufbeantworter einen Termin zu vereinbaren. Am 1. Februar ist Hermann Weber zu Besuch bei SWO – natürlich wieder mit Arnold, der abgesehen von seinem Interesse für die fahrlässig quer durch den Raum verlegten Kabel sehr brav ist.
Wieder fasziniert mich die spezifische Mischung aus guter Laune und fast fröhlicher Freundlichkeit einerseits und Ernst und Konzentration andererseits, wobei die genannten Begriffe eine Widersprüchlichkeit suggerieren, die Hermann Weber selbst völlig fremd ist.
Unvermeidlich die Frage, wieso er trotz seiner Jugend (Weber wird dieses Jahr erst vierzig) schon Professor ist. „Es gibt einen Professor in Halle, der noch jünger ist“, erklärt mir Hermann Weber und überhaupt“gehöre viel Glück dazu“ fügt er noch bescheiden an.
Etwas zu bescheiden, schien mir. Tatsächlich zeigt das Gespräch, daß Weber entschlossen und selbstsicher seinen künstlerischen Weg verfolgt hat und verfolgt.
Mit einiger Bestimmtheit erklärt er auch, seine Arbeit sei wichtig genug, um nur als Künstler zu leben, also nicht mit Hilfe irgendwelcher Nebentätigkeiten, die ja die Konzetration auf das Wesentliche allemal gefährden würden. Gern gibt er zu, dass insofern die Professorenstelle natürlich sehr erfreulich ist, weil dadurch jeden Monat sicheres Geld kommt. Ohne nostalgisch-romantisch Verklärung erzählt er aus schlechteren Zeiten, die er genauso erlebt hat und in denen er froh war, dass Freunde da waren, die ihm „den Kühlschrank gefüllt haben“.
In seiner Darstellung dieser Zeit ist er nicht der Held, der für ein Ideal viele Leiden aushält, sondern ein Mensch, der sich glücklich schätzen darf, wirkliche Freunde zu haben, was sich ja bekanntlich erst in schwierigen Zeiten herausstellt, und meist eher ent-täuschend.
Hermann Weber erzählt auch aus seiner Kindheit; aufgewachsen in ländlicher Umgebung wird er früh mit dem Tod – von Tieren und Menschen – konfrontiert. Hermann Weber stellt damit selbst seine Konzentration auf Wesentliches in einen schlüssigen Erklärungsrahmen. Existenz, Lebensprozess, Entstehen und Vergehen, Tod sind die immer wiederkehrenden Themen seiner Arbeit.
Hermann Webers Arbeit ist ein Lern-Prozess; er lernt, den Tod zu verstehen.
„Das gliedert unser ganzes Leben, es gibt ihm einen vollkommen anderen Rhythmus.
Das zu wissen, das verwandelt den Todesgedanken in eine gewaltige Kraft.“
Als alter Dialektiker und Nebenfachphilosoph (und das sind die schlimmsten) erlaube ich mir doch noch eine Anmerkung; es geht immer noch um den – vermeintlichen – Widerspruch zwischen Leichtigkeit und Ernst:
Den Tod verstehen heißt das Leben verstehen, logo.
Und: das Geheimnis des Lebens ist leben.
Hermann Weber, so scheint mir, ist dieser theoretischen Erkenntnis praktisch sehr nahe. Wir sollten das
Leben leben.
Jürgen Linde