Hinkelstein | Nummer 6, So, 29.09.2024:

Brot und Spiele

Jeden Sonntag konzentrierte gute Nachrichten und manchmal kluge Gedanken.

“Auf in die Schlacht!“ | war eine Schlagzeile im Feuilleton der Süddeutschen Zeitung am 16.09.2024 (Seite 9 der Printausgabe; dort: “Netzkolumne“).
Die SZ beschreibt hier klar und überzeugend eine neue Stufe (Tiktok) des Niedergangs der Netzkultur; über die wir im Feuilleton des kunstportals-bw ja “eigentlich schon immer“ gemeinsam nachdenken.

Was ist der Fall? | Der US-Präsidentschaftswahlkampf, den wir – hier in der Rolle der alteuropäischen arroganten Wichtigtuer und Besserwisser sowieso immer schon als “nette Unterhaltung, als Show“ rezipiert und nie so richtig ernst genommen haben (angesichts der realen Macht eines amerikanischen Präsidenten ein schlicht katastrophaler Denkfehler; dies nur am Rande), findet, so die SZ, inzwischen vorwiegend in den Blasen der “Social Media“ statt, insbesondere in Tiktok, wo es für Streitrreien wie zwischen Kamala Harris und Donald Trump ein eigenes Format gibt: Im Live Match können sich engagierte, kampfbereite Stellvertreter für beide in jeweils 5-minütige Video-Fights begeben.

In der Frühzeit (1993-1995) des heutigen Internet (das Netz galt damals als Medium für demokratische Erneuerung, für Teilhabe, für Zivilgesellschaft) hätten wir dies sicher noch als Potential gesehen – als die Chance zu politischer Diskussion; zur Willensbildung.
Im heutigen Tiktok ist das Format selbstverständlich zu 100% kommerzialisiert. Unabhängig von allen Inhalten zählt alleine die Monetarisierung: die Zuschauer unterstützen ihre Fighter mit Gifts (=geldwerten Geschenken).
Keine Rolle spielt irgendein politischer Inhalt. Die Fixierung (der Begriff Reduktion klänge hier viel zu positiv) auf Entertainment, Gewinn ist vollständig abgeschlossen.

Die SZ beschreibt dies als “Spiegelung der sogenannten echten Verhältnisse“. Tatsächlich aber, so befürchte ich, sind wir schon weiter: die Medienwirklichkeit ist keine parallele Begleiterscheinung der eigentlichen Realität, eine Art Kommentar dazu, sie ist die (jedenfalls ein Teil der) eigentliche(n) Wirklichkeit. Während die gespielten Schlachten im Internet uns noch ablenken, hat der reale Krieg schon begonnen: Der Kapitalismus tritt eben als Medienwelt in seine endgültige Phase der Dekandenz und der Selbstzerstörung: (Auf in die Schlacht:)

Brot und Spiele.

Kunst und Leben verbindet der dadaistisch geniale Künstler Timm Ulrichs schon im Titel seiner Ausstellung, die am 06.10. zu Ende sein wird: Städtische Galerie Bietigheim-Bissingen: | So., 06. Oktober; 17 Uhr: | Finissage der Ausstellung »Timm Ulrichs – Nichts als Theater« mit Künstlergespräch: Timm Ulrichs und Dr. Isabell Schenk-Weininger

Die heutigen guten Nachrichten: Neues im kunstportal-bw am
Sonntag, dem 29. September 2024:

Neu am 29. September 2024: | ZKM Karlsruhe | 21.09.2024 – 08.06.2025 |  Fellow Travellers. Kunst als Werkzeug die Welt zu verändern: | Foto-Impressionen von Felix Grünschloß
Neu am 29. September 2024: | Künstler | 05. – 13.10.2024 | Franziska Schemel | Wien | Fair Art for Vienna
Neu am 29. September 2024: | GEDOK Karlsruhe | 17.10.2024; 19 Uhr | Lesung und ein Monolog mit Gästen aus der Partnerstadt Temeswar/Rumänien: | “Frei für Frieden”
Neu am 29. September 2024: | Newsletter Hinkelstein | Hinkelstein Nummer 6/2024 | 29.09.2024