Kunstverein Damianstor Bruchsal | 23.06. – 21.07.2024 | Hans Schüle – Raum:formen
Günter Wagner: Katalogvorwort zur Ausstellung Raum:formen von Hans Schüle
Das faszinierende an Hans Schüles Plastiken ist, dass er den seine Arbeiten umgebenden Raum beim Gestaltungsprozess stets mitdenkt. Ich würde das als eine Art Positiv-Negativ-Denken bezeichnen. Hier die reale Raumverdrängung der materiellen Form, dort die für Skulpturen ungewöhnlich starke Einbeziehung des Umraums, die seine Metallplastiken kennzeichnet. Die technischen Möglichkeiten auslotend, die sein Material, meist Stahl, zulässt, schafft er Plastiken von großer Lebendigkeit und virtueller Bewegung. Auf mich wirken seine neuesten Werkserien mit den Titeln „Foldings“ oder „Loops“, die sein Wechselspiel zwischen Form und Raum in immer neuen Varianten ausloten, wie locker hingeworfene räumliche Zeichnungen, die durch ihre Farbigkeit zusätzlich eine große Heiterkeit ausstrahlen. Trotz aller Offenheit findet in diesem bildhauerischen Gestaltungsprozess jedoch auch eine Verdichtung und Konzentration der erdachten Formen statt, die nichts Beliebiges hat. Exakt gefaltete, kantige Formen erscheinen nicht als hermetisch abgeschlossene Gebilde, sondern lassen die Betrachter ihren konstruktiven Ansatz gedanklich weiterspinnen. Ganz ähnlich verhält es sich mit den weit in den Raum ausgreifenden , bandartigen Rundformen, die der Künstler zu spannenden „Knäueln“ verdichtet. Das Fehlen jeglicher Arbeitsspur durch die farbige Beschichtung mit Pulverlack akzentuiert gleichzeitig durch das Wechselspiel zahlreicher Lichtreflexe und Schattenpartien den gefühlt schwerelosen Charakter von Schüles Arbeiten.
Voilà, hier haben wir auch schon alle wesentlichen Aspekte versammelt, die Hans Schüles Arbeiten in einen ungekünstelten Dialog mit der gleichfalls heiteren, farbenfrohen und dynamischen Kunst der Barockzeit hier im Ambiente des Bruchsaler Schlosses und in den Räumen des Kunstvereins im Damianstor treten lassen. Seine Plastiken zeigen auf verblüffende Weise, wie sich scheinbar mühelos, sowohl formal als auch inhaltlich ein Bogen von der Kunstepoche Barock bis zur Gegenwart spannen lässt.
Günter Wagner, 1. Vorsitzender des Bruchsaler Kunstvereins
© Fotos auf dieser Seite: Hans Schüle