Kunstausflüge mit Sigrid Balke | Fondazione Arp (Locarno) und HfG Ulm

Ausstellungen Fondazione Arp (Locarno, Schweiz) bis 03.11.2024
Ausstellung HfG Ulm bis 19.01.2025

Assoziationen zum Begriff Allianzen sind die Zusammenarbeit an gemeinsamen Zielen und Interessen, die Bündelung der Stärken aller Beteiligten, die Planung und Ausrichtung und die gemeinsame Nutzung von Ressourcen. Dies sind nur einige Beispiele für die Voraussetzung einer erfolgreichen Allianz und sie treffen auf die Freundschaft zwischen Hans Arp, Sophie Taeuber-Arp und Max Bill ebenso zu, wie auf die 1937 gegründete Allianz-Vereinigung moderner Schweizer Künstlerinnen und Künstler und den von Max Bill gegründeten Allianz Verlag. Gemeinsames Ziel und Grundlage der Allianzen war ihre Leidenschaft für die Konkrete Kunst. Allianzen – Arp, Taeuber-Arp-Bill, ist daher auch der Titel der derzeitigen Ausstellung der Fondazione Marguerite Arp im schweizerischen Locarno.

Bild oben: Fondazione Marguerite Arp (arp-teuber-arp-bill-alleanze)

Der klare Kubus des Neubaus, der 2015 als Kunstdepot mit Schauraum eröffnet wurde ergänzt das historische Ensemble aus Atelierhaus und Skulpturengarten und zeigt im Ausstellungsraum Werke aus der Sammlung Marguerite Arp, Die Kunstsammlerin, die schon früh Werke von Hans Arp und Sophie Taeuber-Arp erwarb, wurde, nach dem Tod von Sophie Taeuber-Arp 1943, die zweite Ehefrau von Hans Arp. 1959 erwirbt das Ehepaar ein großzügiges Grundstück in Locarno-Solduno mit einem alten Tessiner Wohnhaus. Nach einigen Umbauten bietet es Platz für ein Atelier, und der Garten wird nach und nach zur Kulisse für die Skulpturen Arps und anderer Künstler der Avantgarde. Die Sammlung Marguerite Arp umfasst 1600 Werke – neben Arp auch andere namhafte Künstler wie, unter anderem, Alexander Calder, Max Ernst und Kurt Schwitters. Max Bill war ein gern gesehener Gast in dem „Roncadi fiori“ genannten Anwesen, und nach dem Tod von Sophie Taeuber-Arp wollten die Freunde, die zuvor von ihr verlegte Zeitschrift Plastique-Plastic, neu auflegen.Mit dem Ziel, die Verbindung zwischen europäischen und amerikanischen konstruktiven Künstlern wiederzubeleben. Dazu kam es nicht, aber die Zeitschrift der bedeutenden Pionierin des Dadaismus wird erstmals in der aktuellen Ausstellung thematisiert. Gezeigt werden außerdem Skulpturen, Reliefs, Gemälde und Papierarbeiten aus der Sammlung Marguerite Arp und der Sammlung von Chantal und Jakob Bill.

Ausstellungsdauer bis 03.November 2024

Bleibt man beim Thema Allianzen in Verbindung mit Max Bill lässt sich durchaus der Bogen zur legendären Hochschule für Gestaltung (HfG) in Ulm und der aktuellen Ausstellung Al Dente-Pasta und Design schlagen. Eine Allianz zwischen der deutschen Nudel und der italienischen Pasta mit dem gemeinsamen Ziel der perfekten Form. Zwei Begriffe für ein Produkt? Keineswegs, denn Nudeln werden aus Weichweizengrieß und Pasta aus Hartweizengrieß hergestellt. In der Ausstellung stehen jedoch nicht die Zutaten im Mittelpunkt, sondern Form und Funktion. Wie immer an der HfG, deren Trägerin anfangs die 1950 von Inge Scholl gegründete Geschwister-Scholl-Stiftung war. Aus der Idee einer politisch und geisteswissenschaftlich ausgerichteten Schule im Andenken an die Geschwister Scholl und die Weiße Rose, wurde – vor allem durch den Einfluss von Max Bill – eine Ideenschmiede für Gestaltung nach dem Vorbild des Bauhauses.

Bild links: Pressefoto_Max Bill_1954_© Museum Ulm – HfG-Archiv_Foto Sisi von Schweinitz

Als Ulmer Modell, ein auf Wissenschaft und Technik basierendes Designkonzept, verbreitete es sich durch die internationalen Absolventen in der ganzen Welt. Das Gebäude ist ein Entwurf von Max Bill unter der Maxime: Es ist entscheidend, dass die äußere Form der Schule ihrem Geist entspricht (…) den Geist der Weltoffenheit, der Freiheit und der schlichten Schönheit… Als Mitgründer der HfG wurde Max Bill der erste Rektor, Dozenten waren unter anderem Otl Aicher, Tomás Maldonado, Josef Albers, Hans Gugelot, Edgar Reitz, Alexander Kluge, Helene Nonné-Schmidt.

Das HfG Archiv ist öffentlich zugänglich und zeigt die Geschichte der HfG anhand von Studienarbeiten, Skizzen, Entwurfszeichnungen, technische Zeichnungen, Modelle und Prototypen, Fotografien und Dokumenten. Regelmäßig wird die Dauerausstellung mit temporären Ausstellungen zum Thema Design ergänzt. Die aktuelle Ausstellung mit dem Titel Al Dente-Pasta und Design gehört dabei, vor allem für nicht ausgeprägt Design affine Besucher zu den „anschaulich und nachvollziehbaren“. Wie sehr das Design einer Nudel oder Pasta eine entscheidende Rolle für Funktion und Geschmack spielt, lässt sich von jedem problemlos überprüfen. Kein Wunder also, dass sich namhafte Designer, auffallend häufig aus der Automobilbranche, für die Gestaltung des Grundnahrungsmittels interessieren. Die Ausstellung ist unter dem Aspekt Form und Funktion in sieben Themenbereiche gegliedert. Gestaltung: Teigwaren als Gestaltungsaufgabe, Formgeber: von der Hand zur Maschine, Kommunikationsdesign: vom Plakat zum Genuss, Verpackungsdesign: aus der Keramikdose ins Weltall, Produktdesign: für Küche und Kommerz und Kunst: aus dem Kochtopf ins Museum. Die Nudel oder Pasta als Designobjekt schlechthin, „denn die Relation von Form und Material lässt sich nirgendwo so gut nachweisen, wie bei Nahrungsmitteln, also etwa bei Teigwaren. Makkaroni schmecken anders als Spaghetti nur aufgrund der Form“.

Bild rechts: Philipp-Starck_Mandala-und-Quartela-fuer-Panzani1984_-Fotografie-der-Teigwaren-©Tom-Vac

Dieses Zitat von Otl Aicher fasst zusammen, was jeder Pastaliebhaber immer wieder erstaunt feststellt. Dazu kommt die Funktion, denn keine Pasta ohne Soße und nicht jede Form ist in der Lage, mit der Soße eine kulinarische Symbiose einzugehen. Kurz oder lang, glatt oder rau, gefaltet, gewickelt, gedreht, gefüllt, gekrümmt gelocht, gerillt oder gezogen – alles hat seine Bedeutung und fügt sich in das Gesamte. Darum ging es auch bei der Produktentwicklung in der HfG: um industriell gefertigte Produkte mit einem hohen Anspruch an Form und Funktion für Jedermann. Eine unterhaltsame Ausstellung für Nudel- und Pastaliebhaber, eine außergewöhnliche Ausstellung für Designfreaks und ein wunderbarer Anlass für einen Besuch des HfG Archivs im Gebäude von Max Bill, das noch heute Weitblick und Weltoffenheit vermittelt.

Ausstellungsdauer bis 19. Januar 2025

hfg-archiv.museumulm.de

www.fondazionearp.ch