Paul Blau | 23.12.2023 | „Neuer Text in „Damokles tanzt„
Mit dem aufgeschäumten Farbenspiel und dem Rock ´n Roll auf unserer Seite hatten wir so manchen Abend zugebracht. Erwachsen werden wir nicht mehr, sagten wir und glaubten an unsere Lederjacken, bis wir merkten, dass wir sie an den Haken gehängt hatten. Aber immer wieder kehrten wir in die Keller zurück, um dort heimlich unsere Stimmen am Schmirgelpapier zu wetzen. Und die verstaubten elektrischen Gitarren erweckten wir noch einmal kurz vor dem endgültigen Stromausfall.
Wir zählten zwar die Falten, die wir gemeinsam mit unseren Kindern angesammelt hatten, aber wir spielten hinter unserer durchlebten Haut auch weiterhin verrückt, während unsere Kinder sich längst peinlich berührt in die besseren Wohnviertel zurückgezogen hatten. Erwachsen werden wir nicht mehr, sagten wir und wir lachten uns an mit den Zeichnungen des Lebens in unseren Gesichtern. Wir hatten uns entschieden für die windige Ecke und für das Zimmer mit dem wechselnden Licht.
Während die Rollläden nach unten rasselten, um die Dämmerung aufzuhalten, sammelten wir all die beigen, gelangweilten Klamotten für das Fegefeuer. Den Blick in den Spiegel verschenkten wir an den Tanztee-Freundeskreis, und die Einladungen zum Stelldichein lehnten wir ab mit der Begründung, dass unser Liebesleben noch nichts mit Stützstrümpfen zu tun hat. Erwachsen werden wir nicht mehr, sagten wir, und wir gingen wieder einmal baden, aber nass wurden wir dabei nicht.
Irgendwann hörten wir damit auf, unsere Geburtstage zu feiern. Wir begaben uns lieber nach draußen unter den schütteren Mond, küssten die vorbeieilenden Wolken und warteten auf den Nachhall des Glücks. Wir heulten wie diese umherstrolchenden Vierbeiner, die den Swing schon in der Hundeschule lernen. Wir liebten die Nacht, oh, wie wir sie liebten, die immerwährende, sternhagelvolle sturzbetrunkene Nacht. Erwachsen werden wir nicht mehr, sagten wir, und der Rest war einfach nur unser Herzschlag, wummernd wie ein Kontrabass.