Zur Ausstellung: Druckstarkes von A(ntes) bis Z(ippel)

Museum im Prediger Schwäbisch Gmünd | 18.11.2023 bis 01.04.202

Eröffnung: Freitag, 17. November, 19 Uhr, Festsaal Prediger

Grafik-Highlights der 60er und 70er Jahre

Zur Ausstellung

Die Arbeiten umfassen eine Auswahl aus einem Konvolut von 200 Blättern, die der Schwäbisch Gmünder Pädagoge Rainer Reusch Mitte der 1970er-Jahre für die Aktion „Schuldruck in Baden-Württemberg“ zusammengetragen und dem Museum im Prediger als Schenkung übergeben hat. Die Ausstellung macht die Grafik der 60er- und 70er-Jahre in Ihrer Vielfalt und Qualität anhand von fünf Kapiteln erfahrbar. Im Einzelnen geht es um Figuration und Abstraktion, Raumperspektive und Farbraum, Bewegung und Gestik, Politik und Umwelt sowie Intuition und Wirklichkeit.

Bild links: Wolfgang Oppermann, Hommage à Bruce Naumann, 1972, Siebdruck, e. a. Oktober ’72
Im ersten Kapitel der Ausstellung wird deutlich, dass es in den 60er-Jahren – in der Abgrenzung zur Informellen Kunst – zu einer neuen und eigenständigen Blüte der Figuration kam. Ein Pionier der figürlichen Wiederbelebung war Horst Antes, der durch die Kunstfigur des „Kopffüßlers“ berühmt wurde. Die Auseinandersetzung mit der menschlichen Figur zeigt sich in unterschiedlichen Facetten, unter anderem in Werken von Roland Dörfler, Manfred Henninger, Rudolf Hoflehner, Wolfgang Oppermann und Lambert Maria Wintersberger.

Im zweiten Ausstellungskapitel ist abzulesen, wie in den 60er-Jahren im Gefolge der konstruktiv-konkrete Kunst, der geometrische Abstraktion und der Op-Art der Raum in Bezug auf die Farbe Inhalt und Thema wird.

Bild rechts: Jürgen Klein, Ohne Titel, 1972, Siebdruck, 67/100, 60 × 50 cm. Foto: Frank Kleinbach
Dass allein Farbe und Form eine konkrete Ästhetik erzeugen können, ist vielfach ablesbar: Während Georg Karl Pfahler Form und Raum rein aus den Eigenschaften der verwendeten Farben formuliert, erzeugt Fruhtrunk Raum durch farblich rhythmisierte Balken- und Streifenformationen. Eine fast meditative Kraft erzielt Lothar Quinte mittels der farblichen Auffächerung von Strahlenformationen, die den Raum durchdringen. Mit den Prinzipien der optischen Täuschung operiert Jürgen Klein. Bei Ben Willikens dagegen gewinnt der perspektivisch konstruierte Raum wieder Bedeutung.

Bewegung und Gestik ins Bild zu setzen, sind ein zentrales Thema der Kunst, das in der Nachkriegskunst neue Bildfindungen erfuhr, wie das dritte Ausstellungskapitel zeigt. Die bewegende Geste als Prozess gestalterischen Tuns artikuliert sich im dynamischen Duktus der Pinselbewegung bei Karl Otto Götz und K. R. H. Sonderborg ebenso wie in den spiralförmig kreisenden, raumschaffenden Lineaturen Michael Buthes und den tanzenden Kalligrafien Hann Triers. Günther Uecker und Oskar Holweck nutzen Formwiederholungen, um Bewegung und Struktur zu erzeugen. Bei Heinz Mack wiederum entsteht Bewegung durch Lichtreflexionen.

Bild links: Karl Otto Götz, Ohne Titel, 1972, Siebdruck, Probedruck, 46,3 × 46,2 cm. © VG Bild-Kunst,
In der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und neuen Gesellschaftsentwürfen entwickelte sich in den 60er- und 70er-Jahren zudem eine politische Kunst. Ihr widmet sich das vierte Kapitel der Ausstellung. Zu sehen sind Arbeiten von Joseph Beuys, Klaus Heider, Fritz Köthe, Siegfried Neuenhausen, Werner Nöfer, HA Schult, Peter Sorge, Klaus Staeck und Wolf Vostell. Sie alle griffen gesellschaftliche und politische Themen auf, setzten sich damit auseinander und bezogen mal kritisch, mal ironisch Position.

Mit den Themen Intuition und Wirklichkeit befasst sich das fünfte Ausstellungskapitel. Trotz der nach 1945 vorherrschenden ungegenständlichen Kunst, sei sie geometrisch oder gestisch, führten auch Künstler das von Salvador Dalí, Max Ernst oder René Magritte geprägte Erbe des Surrealismus fort, um in unbewusste Realitätsebenen vorzudringen. Auf der einen Seite Bernard Schultze, dessen vom Informel beeinflusstes Werk figurative und surrealistische Züge aufweist und sich als verschlungenes Netzwerk aus Logik und Zufall, Intuition und Emotion darstellt. Auf der anderen Seite im Neosurrealismus Paul Wunderlichs, dessen Bildsprache aus Imagination und einer manieristisch wirkenden Figuration schöpft. Eine ebenfalls eigenwillige Position nimmt das Werk von Fritz Genkinger ein, das formale Reduktion, Konstruktion, Figuration und eine surreale Bedeutungswelt vereint.

Bild rechts: Paul Wunderlich: Ferien in Malkwitz, 1971, Farblithographie, 86 x 67,5 cm; Foto: Frank Kleinbach

Begleitprogramm

Öffentliche Führungen:
So, 19.11.2023, sowie jeden 2. und 4. Sonntag im Monat, jeweils 15 Uhr,
ohne Voranmeldung

Exklusivführungen für Mitglieder und Gäste des Gmünder Museumsvereins:
Mi, 6.12.2023, 19 Uhr und Di, 27.2.2024, 19 Uhr.
Begrenzte Teilnehmerzahl, Anmeldung unter Telefon 07171 603-4130

Vortrag:

Di, 12.3.2024, 19 Uhr, Prediger Innenhof
Dr. phil. Günter Baumann, Druckgrafik – Techniken, Inhalte, Gesellschaft

MuseumsFüchse für Kinder von 5-12 Jahren:
Sa, 24.2.2024, 9.30 bis 11 Uhr und 11.30 bis 13 Uhr. Anmeldung unter Telefon 07171 603-4130