Kathrin Hubl im Internet:
Website: | http://kathrinhubl.de/
E-Mail: | kathrin.hubl@t-online.de
Von Kathrin Hubl gibt es zweidimensionale Arbeiten, zuletzt vor allem auf Wellpappe, was ja auch schon wieder deutlich ins Dreidimensionale übergeht, denn in erster Linie arbeitet sie vor allem als Holzbildhauerin. Skulpturen stehen im Mittelpunkt der unterfränkischen Künstlerin, die, natürlich, auch mit anderen Materialien experimentiert – zum Beispiel auch mit Gips, Ton oder Luft…
Bei der Umsetzung ihrer Tonskulpturen in dauerhaftes Material wie Gips oder Bronze nutzt Katrhin Hubl das professionelle Know How des Kunstgießers Burkhard Moser nahe Rothenburg ob der Tauber. Moser arbeitet mit seiner Gießerei und mit gut 20 Jahren Erfahrung in den verschiedensten Gusstechniken und seiner riesigen Werkstatt in einer ehemaligen Scheune vorwiegend als Dienstleister für andere Künstler, denen er Equipment, Erfahrung und praktische Hilfe zur Verfügung stellt.
Eben bei Burkhard Moser habe ich Kathrin Hubl kennengelernt, die dort gerade einige“… Abguss-Formen aus Silikon herstellte, wozu sie zu Hause nicht die technischen/räumlichen Möglichkeiten hat.
Aber zunächst geht es, wie gesagt, um Holz: “Weiche Kissen I“, “Tüchli“, “Spitzentaschentuch I“ – ein paar Namen der Objekte/Objektserien, die Kathrin Hubl vorstellt. Was interessant klingt und durchaus auch ein wenig witzig anmutet, sind alles Holzobjekte der Bildhauerin Hubl. Die Künstlerin aus Oerlenbach im Unterfränkischen hinterfragt die Möglichkeiten ihres Materials auf sehr eigenwillige Weise: Alltagsgegenstände, die wir alle kennen, die hier aber aus Holz gefertigt sind, frappieren durch ihre absolut originale Anmutung. Die Handtücher der “Tüchli-Serie“ wirken so echt, dass man sie nach dem Händewaschen vertrauensvoll zur Hand nehmen will, um dann festzustellen, dass die so einfach gar nicht ist.
Ton, Gips, Papier – Kathrin Hubl probiert alles aus, verwendet alle Materialien, die ihr geeignet erscheinen, die Werke zu produzieren, die ihr vorschweben. Und doch ist das Holz das eigentliche Material ihrer Wahl: die Lebendigkeit dieses Materials macht sie sichtbar auf ihre ganz eigenwillige Art: Hubl spricht manchmal von dem „fließenden Charakter“ ihrer Holzskulpturen. Die Künstlerin zeigt uns das Material Holz auf eine ganz ungewohnte neue Weise. indem sie etwa weiche Gegenstände wie Kissen als Holzskulpturen präsentiert . Oder Decken, die aus unzähligen hölzernen Einzelteilen bestehen, die dem Holzobjekt eine Beweglichkeit und Formbarkeit geben, die dem textilen Vorbild fast gleichkommt.
Wieder einmal motiviert uns – oder zwingt uns gar – die Kunst, genauer zu sehen und zu unterscheiden zwischen dem, was ist und dem, was wir zu sehen glauben. Hier wird Kunst politisch: Immer – will sagen: gewohnheitsmäßig – sehen wir das, was wir schon kennen und brauchen dann auch gar nicht groß nachzudenken. Es ist wie es ist, kennen wir schon.
Dann die neue Erfahrung: es ist eben nicht wie es ist, es ist alles ganz anders. Jedenfalls in der Kunst immer wieder, eigentlich meistens.
Gar mancher, der dies erlebt, stellt sich womöglich die Frage: wenn das, was ich als Kunst betrachte, nicht das ist, was es scheint – könnte es sein, dass dies auch sonst so ist, das alles, wenn schon nicht immer, so doch immer wieder mal, ganz anders ist?
Wer hätte das nicht schon erlebt.
In diesem Sinne und, ich glaube, nur in diesem Sinne, ist gute Kunst politisch: sie zwingt uns, zu sehen, genauer zu sehen, andere Möglichkeiten zu sehen.
Kunst, die explizit politisch wird, wenn also etwa ein Künstler im Wahlkampf aktiv wird für die eine oder andere Partei und deren Botschaften, brauchen wir sicher nicht. Kunst hört dann auf, Kunst zu sein und wird (ein schlechtes) Werkzeug.
Kunst lässt sich nicht instrumentalisieren für vorgegeben Zwecke, sondern appelliert an die Freiheit, Freiheit im Sinne von Autonomie: selbst Sehen, selbst Denken. Das s Schwierige daran ist, dass man dann auch selbst entscheiden und verantworten muss. Aber erst mal selbst SEHEN:
Und zum Sehen gehört (noch immer) das reflektierende Denken. Denken, so dachte ich früher, ist eine sehr sprachbezogene Tätigkeit; eine Einschätzung, die der heutigen Wissenschaft wohl kaum mehr gewachsen, die vielleicht schlicht falsch ist. Die Hirnforschung weiß heute viel, – viel mehr jedenfalls als wir Normalsterbliche, darüber, wie in unserer Wahrnehmung Bilder und Sprache verbunden sind.
Heute haben ja viele von uns die Sorge, dass in einer Welt, in der die gesamte Kommunikation zunehmend über Bildschirme (TV, Computer-Monitore und v.a. Smartphones und Tablets) abgewickelt wird, die Sprache nach und nach ganz überflüssig wird. Schreiben brauchen wir schon jetzt fast nicht mehr, auch das Navi im neuen Auto reagiert auf Spracheingabe und schon längst braucht der Anwalt keine Sekretärin mehr, um einen Brief zu tippen.
Während es aber die Sprache sehr schwer hat, die verschiedene Missverständnisse unserer Wahrnehmung bewusst – im übertragenen Sinne also sichtbar – zu machen, so kann dies die Bildende Kunst viel unmittelbarer – sinnlich – erreichen: Licht, Sehen, und hier, bei Kathrin Hubl, insbesondere auch haptisch, wird spürbar, dass alles anders ist.
Tröstlich, geradezu ermutigend ist es daher, wenn wir sehen, dass umgekehrt auch die Bildende Kunst immer wieder auf die Sprache zurückverweist: Der Bildschirm alleine genügt der Kunst bei weitem nicht,
“die Kunst braucht den Betrachter, der Betrachter braucht die Kunst“ – so ein berühmtes Zitat. Doch die Kunst braucht nicht irgendeinen, die Kunst braucht den reflektierend denkenden Betrachter. Wir sehen einmal mhr: Kunst macht sichtbar, und doch:
das Geheimnis bleibt.
Jürgen Linde im Oktober 2014