Kunstausflüge mit Sigrid Balke | Museum Burda Baden-Baden | bis 30.04.2023: Transformers
Das Best of begeistert, die Zusammenstellung der Meisterwerke aus der Sammlung Frieder Burda ist sehenswert. Pablo Picasso, Jackson Pollock, Willem de Kooning, Gerhard Richter, Sigmar Polke, Andy Warhol, Georg Baselitz und Markus Lüpertz sind vertraute Namen, die Erwartungen erfüllen. Die Ausstellung ist gut besucht, die Besucher sind in angeregtem Austausch, das Museum ist lebendig wie selten sonst.
Doch wo ist die Verbindung zum Ausstellungstitel? Mit der aktuellen Ausstellung Transformers wagt das Museum Frieder Burda den Spagat zwischen Schlüsselwerken der Kunstgeschichte und künstlichen Menschmaschinen, öffnet den Besuchern Einblicke in völlig andere Erfahrungsräume und in die absehbare, radikale Transformation in der Kunst.
Teilweise faszinierend, teils abstoßend fordern die Begegnungen mit Avataren und Kunstwesen ein sich-ein-lassen auf den Dialog mit künstlicher Intelligenz in äußerlich vertrautem Habitus. Die Gegenüberstellung mit Kunstwerken, die zu ihrer Zeit mit ungewohnter Formensprache zunächst irritierten, sind nur auf den ersten Blick ohne direkte Verbindung zu den künstlichen Wesen der jungen Künstler Louisa Clement, Ryan Gander, Timur Si-Qin und Jordan Wolfson, deren Generation in der digitalen Welt aufgewachsen ist.
Beide Künstlergenerationen spielen und spielten mit den Möglichkeiten ihrer Zeit um Sichtweisen und Erwartungen zu verändern. Markus Lüpertz Werk Zyklop I,II,III, eine Dreier-Serie mit dem immer gleichen Motiv eines gesichtslosen Soldaten, wirkt auf den Betrachter nicht weniger seelenlos, reproduzierbar und programmierbar wie die künstlichen Wesen. Erfahrbar wird diese Ambivalenz zwischen abstoßend und anziehend im atmosphärisch kalten Kabinett der Ausstellung. Jeweils nur eine begrenzte Anzahl an Besuchern sieht sich einer aufreizenden Tänzerin gegenüber, die zur Musik von Lady Gaga und Paul Simon sexistische Klischees bedient. Im Spiegel wird er ein Teil ihrer Performance. Der Künstler Jordan Wolfson führt mit ihrer bösartig männlichen
Fratze diese Verführung zugleich ad absurdum, verbindet Erotik und Emotionalität mit Gewalt.
Ein künstliches Wesen reflektiert menschliche Begierden, die unerfüllt bleiben. Die Zukunft als eine Verheißung, die aller Automatisierung und künstlichen Roboterwesen zum Trotz, auf den zweiten Blick eine unerfüllte Suche nach menschlichen Begegnungen ist. In diese Gefühlsdiskrepanz passt das Werk von Ryan Gander – eine animatronische weiße Maus, die mit unsicherem, zartem Stimmchen ihr Dasein reflektiert, sich ausdrücken möchte, aber ihr fehlen die Worte.
Dem gegenüber das Werk Die Kerze von Gerhard Richter, das symbolhaft die Sehnsüchte und Hoffnungen im Lebens spiegelt. Welche das sind, ist individuelle verschieden. Nach der Anerkennung von Fotografie und Medienkunst als kreative Kunstform geht die Ausstellung im Museum Frieder Burda noch einen Schritt weiter und wagt Ausblicke auf die Zukunft der Kunst.
© Fotos: Sigrid Balke, VG Bildkunst Bonn 2023
Ausstellungsdauer bis 30.April 2023