BaWü 1952-2022 Menschen. Geschichten. Ereignisse.
Am 25. April dieses Jahres wurde das Kunstgebilde Baden-Württemberg als politische Einheit 70 Jahre alt. Für manchen Badener war das so gar kein Grund zum Feiern, zumal man in diversen Stuttgarter Kreisen vergessen hatte, zu einem – nicht-offiziellen, eher offiziösen – Feierstündchen die Badener zu beteiligen. Die sind allerdings Missachtung inzwischen gewohnt und rebellieren immer weniger gegen die Zwangsehe. Die allerdings kam nur zustande, weil Recht gebrochen wurde und die Verfassung keine Rolle spielte. Auch später nicht; die schwarze Landesregierung ließ für die Neuabstimmung einfach Gras über den Verfassungsbruch wachsen, bis die Alt-Badener meist tot waren. Das ist Fakt. Punktum.
Fakt ist hingegen auch, dass der Zusammenschluss trotz der Rechtswidrigkeit des Zustandekommens wirtschaftlich eine vernünftige Sache war. Ob schwäbisch schwarz-geprägte Werbeslogans wie „Wir können alles, außer Hochdeutsch“ oder „The Länd“ sinnvoll und vor allem zutreffend sind, das kann hingegen gründlich bezweifelt werden. Immerhin hat sich der badische Landesteil nie mit den allseits heftig kritisierten Sprüchen anfreunden können (auch wenn die Hochdeutsch-Kampagne in der Berlin-geprägten deutschen Welt angeblich sehr bekannt war). „The Länd“ – was solls?
Das alles spielt aber im Jubiläums-Band der Landeszentrale für politische Bildung keine Rolle. Es geht in dem nicht wirklich aufdringlich gestalteten Bildband schlicht und simpel um die Dokumentation zahlreicher Ereignisse, die von den fünf Autorinnen und Autoren des Bandes für ereignisreich und/oder wesentlich gehalten worden sind. Da legt natürlich jeder des Autoren-Teams ebenso unterschiedliche Schwerpunkte auf Themen, wie der Leser/Betrachter. Manches findet sich in Bild und Kurztext festgehalten, von dem man glaubt, der Moment habe die Welt verändert, manches nicht. So ist das eben.
Da finden sich sportliche Anlässe neben Demonstrationen, von denen es in „Se Länd“ jede Menge gab (wie die 108 km-lange Menschenkette im Oktober 1983 zwischen Stuttgart und Neu-Ulm), Attentate und Sonnenfinsternis, kulturelle Höhepunkte und technische Meisterleistungen und ein Foto von Wolle Kriwanek („De Fümpfer“) steht unter einem zum Häuserkampf in Freiburg („Dreisam-Eck“). Die erste E-Mail ist ebenso vertreten wie Regina Halmichs Siegerpose beim WM-Titel 1995, Boris „Bobbele“, frei und unbeschwert, Steffi Graf und die Währungsreform DM-Euro. Was sich seltsamerweise nicht findet (und das bei dem aktuellen „Landesvater“), das sind Bilder vom Gründungsparteitag der Grünen im Januar 1980 in Karlsruhe. Zufall oder die Sache mit dem Schelm, der Böses…
Das kann eigentlich kaum sein. Denn besser, als es die Landeszentrale bei der Zusammenstellung gemacht hat, kann das kaum gelingen. Das zeigt auch der ausführliche Apparat am Ende des betrachtenswerten Bandes, der die relativ geringe Investition mehr als rentiert. Sicher: Der/die Älteste des Autorenteams ist Jahrgang 1959. Da und dort Zeitzeugen (nicht nur die wahrlich hervorragenden Fotografen als Augenzeugen) hinzuzuziehen, das hätte vielleicht den einen oder anderen historischen Aspekt in anderem Licht zeigen lassen oder dieses und jenes Ereignis anders be- und gewertet. Schreibt ein 51er.
Hrsgb.: Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg, 244 S., Großformat,350 Fotos, ISBN 978-3-945414-86-6, 18 Euro. |