Sina Firniss im Internet: Website: https://www.sinafirniss.de
E-Mail: sina.firniss@web.de
Über Künstlerinnen und Künstler zu schreiben, deren Arbeit ich selbst begeisternd finde, ist eine schöne Sache – und oft ganz schön schwierig. Immer versuche ich, einen roten Faden zu finden, der meine eigene Begeisterung nachvollziehbar macht, um dann hoffentlich Sie als Leser für die jeweilige Arbeit zu gewinnen und zu interessieren.
Bei Sina Firniss, die meist sehr reduziert arbeitet und deren Werkgruppen man teilweise der konkreten Kunst zuordnen darf, ist dies auch wieder mal nicht einfach – und doch reicht sie mir in gewisser Weise die Hand – eine ihrer Werkgruppen hat den Titel “Die rote Linie“.
Es handelt sich um Zeichnungen, bei denen jeweils eine einzige rote Linie zuerst den Blick auf sich zieht, um unsere Sicht dann zu öffnen für ein Gesamtbild, in welchem durch viele weitere Linien eine Räumlichkeit entsteht, die angesichts der minimalen Mittel – Linien – ob der intuitiv spürbaren Lebendigkeit schlicht verblüfft und neugierig macht.
Als Betrachter fragen wir uns: wie ist das möglich? Doch schnell wird klar, dass die rote Linie, die in dieser Serie exakt senkrecht verläuft und das durchgängige Element ist, während die anderen Linien durch einen viel breiteren Strich und räumlich variabel den roten Faden – ich möchte sagen: recht ironisch – in Frage stellen. Es gibt einen roten Faden; es gibt vielleicht einen Plan, den wir Menschen uns ja gerne machen, doch das wirkliche Leben darum herum ist viel komplexer, schwieriger, Leben eben.
Im Gespräch mit der Künstlerin erinnere ich mich an einen alten jüdischen Witz, der auch Sina Firniss Freude machte:
„Wenn Du Gott zum Lachen bringen willst, dann erzähle ihm von Deinen Plänen“.
Die wichtigsten Werkgruppen von Sina Firniss bewegen sich meist am Rande des (mathematisch oder geometrisch) Konkreten – doch immer ist es die Abweichung von der reinen Form, die das Bild eben als Arbeit von Sina Firniss auszeichnet.
Doch gibt es auch Werkgruppen von Sina Firniss, die weniger konkret sind: In der Serie „Skizzenbücher“ etwa finden wir richtige Landschaftsmalerei.
Für alle Werkgruppen (die auf der Website der Künstlerin sehr übersichtlich präsentiert werden) möchte ich sagen, dass es für mein Empfinden narrative, erzählende Arbeiten sind. Es ist aber an uns als Betrachter, uns die Zeit zu nehmen, um zu sehen, um zu hören: Die Geschichten, die die Kunstwerke erzählen, finden wir in uns selbst.
So entsteht, mit den Worten des (2012 gestorbenen) Karlsruher Malers und Kunstprofessors Emil Wachter, aus der vorwiegend abstrakten Arbeit letztendlich ein auch sinnliches Bild des Weltganzen.
Ich nenne mein Porträt über Sina Firniss und ihre Arbeit deshalb
Die rote Linie
…und das wirkliche Leben.
Jürgen Linde im August 2022