| Gerade ist Robert Crumb 70 geworden. Crumb? Dem jüngst verstorbenen MRR wäre der Name sicher ein Buch mit mehr als sieben Siegeln gewesen. Denn eigentlich gehört Crumb nicht in die Literaturschublade. Eigentlich. Aber das ist längst Vergangenheit: Crumb ist Literatur und Kultur, kurz: Kult. Er war der Autor/Zeichner, der den Comic aus der niedlichen Disney-Bambi-Ecke befreite. Mit sich und seiner bekanntesten Figur, Fritz, the cat. Crumb zog 1968 mit seinem ersten Comic „Zap“ durch San Francisco, versuchte ihn zu verkaufen, hatte ihn selbst verlegt, gedruckt, weil sich kein Verleger fand. Die Themen waren klar: Hippies, Flower Power, LSD, freie Liebe und alles, was dazu gehörte. Psychose inklusive. Crumb fühlte die Zeit wie kein anderer. Und füllte sie mit herrlichen Bildern. Intellektuell zwischen Jack Kerouac, Charles Bukowski, The Fugs und Frank Zappa zuhause, war Crumb der Zeichner und Texter einer Gruppe, die nicht an der materiellen Oberfläche schwamm und gehörte zur zweiten Beat-Generation.
Das machte Crumb an seinem komischen, manchmal bemitleidenswerten, vernarbt-pickeligen Pseudo-Ich locker fest und deutlich sichtbar. Mit wahnsinnig klaren Strichen, die an die ganz Großen erinnern: Georg Cruikshank oder Francisco Goya. In der Sammlung zum Thema „Frauen“ sind Arbeiten zwischen 1965 und 1999 vertreten. Es geht ausschließlich um den dickbebrillten, neurotischen Anti-Frauen-Typ, den Pseudo-Crumb, der vom Hollywood-Ideal der Zeit (Lana Turner u.a.) geprägt wurde. Er liebt Füße in Turnschlappen, kräftige Eislauf-Schenkel, vor allem aber deren oberen, drall-üppigen Rest, wird dabei aber nie verletzend oder gar unanständig. Da führte die amerikanische prüde Seele den Stift. Alles weitere bleibt der Phantasie überlassen.
Ein Kult-Werk und wert, einen Platz im Bücherschrank zu beanspruchen.
Robert Crumb, Mein Ärger mit den Frauen, Reprodukt Verlag, 96 S., 29 Euro.
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