| Über Robert Allen Zimmerman ist viel geschrieben worden, sehr viel sogar. Allerdings über sein Künstler-alter-ego Bob Dylan. Dylan, Schöpfer zahlreicher großartiger Songs nebst einer Reihe musikalischer Plattitüden, ist im Mai 75 Jahre alt geworden. Seit - gefühlten - 20 Jahren ist Dylan weltweit auf seiner „never-ending-Tour“, zuletzt mit einer Reihe von Frank-Sinatra-Klassikern, was nicht jedem gefällt.
Unter den zahlreichen Büchern zu Dylan ist das Standardwerk von Heinrich Detering hervorzuheben, das jetzt in einer fünften, bis in die Gegenwart aktualisierten Auflage erschienen ist. Detering ist ein international geschätzter Literaturwissenschaftler und rückt dem Barden Bob entsprechend gründlich auf die Pelle. Hier wird nichts verschwiegen, auch die Versuche des jungen Dylan, sich mit fremden Federn (und musikalischen Vätern wie Woody Guthrie) zu schmücken, gnadenlos abzukupfern und seine Biographie mehrfach zu erfinden.
Deterings Buch ist keine Biographie, sondern eine ausführliche Werkanalyse, die sich sinnvollerweise an Dylans Leben orientiert. Die diversen Frauengeschichten bleiben fast unerwähnt, selbst Joan Baez, Dylans - badisch würde man „Bratkartoffelverhältnis“ sagen - Steigbügelhalterin zur Karriereleiter spielt nur eine untergeordnete Rolle.
Der Autor verfolgt konsequent den Sänger und Songschreiber mit den vielen Gesichtern auf der Suche nach dem „All-American-Songbook“; dem allumfassenden Kanon amerikanischer Geschichts- und Erzähltradition, dem Blues. Ein Ziel, das Dylan schon in jungen Jahren verfolgte, so Detering, der zahlreiche Zitat-Belege einstreut (gute Englischkenntnisse sind erforderlich). Detering schreibt über Dylan mit viel Respekt und Achtung, aber nicht mit Ehrfurcht. So geschieht ein Wunder: Das Buch ist für Dylan-Fans und für Dylan-Hasser ein gefundenes Fressen.
Heinrich Detering, Bob Dylan, Reclam, 216 S., 15 Fotos, 16,95 Euro.
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